Volltext: Kreuzweg eines Kaisers

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besten Fuße, und Conrad bemühte sich, die Unterstützung 
des Erzherzogs für die Befestigung des Lavaroneplateaus 
zu erlangen, die sich später als eine militärische Notwen 
digkeit bewährte. „Aus dem Saulus ist ein Paulus ge 
worden“, bekannte der Erzherzog lächelnd, als sie 
schieden. 
Auf der Fahrt hatten sie eine angeregte Unterhaltung 
über jemanden, der Protestant geworden war, um eine 
geschiedene Frau heiraten zu können. Franz Ferdinand 
sah das als Schmach und Sünde an. Conrad, der zum 
Atheismus neigte, erwiderte, daß das die Haltung eines 
Mannes wäre, der zur Frau stünde, die er erwählt hatte. 
Der Erzherzog lächelte und sagte: „Ja — eigentlich habe 
ich das ja auch gemacht.“ 
„Ja, kaiserliche Hoheit, und Sie haben alle vorurteils 
freien Menschen auf Ihrer Seite.“ 
Das versetzte ihn in beste Laune. Auf der Rüdereise zeigte 
er ihm im Zuge Bilder seiner Frau und seiner Kinder. 
Aber Franz Ferdinand war eben launenhaft. Bei den böh 
mischen Manövern im September 1913 herrschte er eines 
Sonntags Conrad in barschestem Tone an: „Warum wa 
ren Sie nicht in der Kirche?“ Conrad erwiderte, daß er 
dienstlich zu tun gehabt hatte. Wenn ein befohlener Kir 
chengang angeordnet gewesen wäre, so hätte man ihn ver 
ständigen müssen. „Ihre religiösen Anschauungen kenne 
ich ja“, grollte der Thronfolger, „aber wenn ich in die 
Kirche gehe, haben Sie auch zu gehen.“ Er sah im Kir 
chengang einen dienstlichen Akt, dem sich der Chef des 
Generalstabes nicht entziehen dürfte. 
Am nächsten Tag gab es eine neue Szene wegen der Zu 
schauerautos, die die Straßen blockierten. Franz Ferdi 
nand putzte Conrad in aller Öffentlichkeit herunter: „So 
kann es nicht weitergehen.“ Plötzlich ließ er das Manöver 
abblasen. Conrad bat daraufhin um seine Entlassung, 
wurde aber gebeten, in seinem „dornenvollen“ Amte
	        
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