21*
323
Die drei Obersten waren besorgt und wütend über die
Hilflosigkeit der österreichischen Regierung. Sie wollten
mit ihren Wiener Gesandtschaften telephonieren, aber es
wurde ihnen gesagt, das wäre unmöglich. Schließlich er
wogen sie bereits die Rückkehr nach Ungarn, wollten aber
noch einen letzten Versuch machen, die Demonstranten
zur Vernunft zu bringen.
Da kam die Nachricht, daß fünfzig bereits ungeduldig ge
wordene Kommunisten in Bruck einen Zug bestiegen hät
ten, um den Kaiser in Frohnleiten gefangenzunehmen.
Der Lokomotivführer erhielt jedoch den Befehl, ohne
jeden Aufenthalt in Zwischenstationen bis Graz durch
zufahren. So passierte der Zug Frohnleiten in Schnell
zugstempo. Die fünfzig Kommunisten standen an den
Fenstern ihres Zuges und machten ihrer Wut in wildem
Geschrei Luft, als sie die Lichter des kaiserlichen Zuges
sahen. In Graz fanden sie eine Zusammenrottung von Ge
sinnungsgenossen, hielten anfeuernde Reden, und Hun
derte von ihnen machten sich längs der Gleise auf den
Weg, um den Kaiser zu töten.
Die Lage wurde jetzt ernst. Die Grazer Behörden sandten
sechs Autos nach Frohnleiten, um damit den Kaiser und
sein Gefolge im Notfall in Sicherheit zu bringen. Aber
auch diese Maßnahme war nicht sehr beruhigend. Die
Nacht war dunkel und neblig, die Wege bekannt schlecht
und der einzige Schutz ein Dutzend italienische Sol
daten.
Mit Ausnahme des Kaisers, der frisch und gut gelaunt
war, waren alle Reisenden um i Uhr nachts erschöpft.
Der Kaiser schien jedoch nicht zu wissen, was Nerven
sind. Einer seiner Begleiter beschwor die Ententevertre
ter, doch wieder nach Ungarn zurückzufahren. Der Fran
zose und der Italiener stimmten zu, aber der Engländer
Oberst Selby wollte allein auf einer Lokomotive nach
Bruck fahren, um mit den Demonstranten fertig zu wer