Volltext: Kreuzweg eines Kaisers

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hatte und ohne Mitwirkung der Nationalversammlung 
auch nicht abdanken konnte. Die Bestellung eines Reichs 
verwesers als provisorische Maßnahme wurde angenom 
men. Er sollte von der einfachen Mehrheit der National 
versammlung gewählt, von einer Mehrheit von ioo ab 
gesetzt werden können und nur mit genau begrenzten 
Rechten ausgestattet sein. Dieses Vorgehen eröffnete den 
Ausblick auf die eheste Rückkehr des Herrschers. 
Aber in der Debatte traten Unterströmungen hervor, die 
auf eine Beseitigung der Monarchie im Interesse verschie 
dener politischer Absichten abzielten. Für das Verhäng 
nis in der jüngsten Vergangenheit wurde entweder die 
Dynastie, die die Unabhängigkeit des Landes durch Jahr 
hunderte gewahrt hatte, oder das individuelle Opfer der 
Revolution verantwortlich gemacht. Bei der Unwissen 
heit der Mitglieder der Partei der Kleinen Landwirte 
war es leicht, sie irrezuführen. Sogar die erzwungene Ab 
wesenheit Seiner Majestät sahen sie als gleichbedeutend 
mit einer Abdankung an. 
Die fast einmütige Wahl Horthys am i. März 1920 
stellte ein Kompromiß zwischen den Legitimisten und 
den Anhängern der freien Königswahl dar. 
Der Kaiser war nun schon fast ein Jahr im Exil und war 
die ganze Zeit über mit den wichtigen Personen und Er 
eignissen in Fühlung geblieben. Horthy notifizierte ihm 
seine Wahl zum Reichsverweser und wiederholte seine 
Versicherungen unverbrüchlicher Treue und vollen Ver 
trauens auf die Restauration. 
Bei allem Glauben an Horthy machten verschiedene Er 
eignisse und Erscheinungen eine Klärung der Lage not 
wendig. Der Kaiser schrieb daher dem Reichsverweser 
am 25. Mai 1920 einen Brief, mit dem er ihm für seine 
Dienste dankte, die Tatsache hervorhob, daß er auf seine 
Rechte und Pflichten nicht verzichtet hätte, und den 
Wunsch ausdrückte, nach dem verhängnisvollen Frieden
	        
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