Volltext: Kreuzweg eines Kaisers

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Ein paar Monate spater bezeichnete aber Czernin selbst in 
einer Rede in Budapest die internationale Weltabrüstung 
als den einzigen Ausweg. Er war eben eifersüchtig auf 
allen Ruhm, den der Kaiser ernten konnte. 
Um die kaiserliche Amnestie als ersten Schritt in neuer 
Richtung zu erklären, veranstaltete Professor Foerster 
einen Diskussionsabend in der „Politischen Gesellschaft“ 
in Wien. Dieser Abend erregte bei den deutschen und un 
garischen Extremisten großes Unbehagen. Sie behaupte 
ten, daß jede Friedenserörterung im Ausland als Schwäche 
gedeutet würde. Czernin schrieb dem Kaiser einen unhöf 
lichen Brief, in dem er verlangte, daß Professor Foerster 
sogleich ausgewiesen würde. Es ist überflüssig zu sagen, 
daß der Kaiser den Mann, der seine eigenen Ansichten 
verteidigte, nicht dafür büßen ließ. 
Der nachstehende Auszug aus dem „Az Est“, der größten 
ungarischen Tageszeitung, ist kennzeichnend für den Geist 
der ungarischen Extremisten jener Zeit. Wir lesen da: 
„Unser ärgster Feind, das alte Österreich, hat, nachdem 
seine Wühlarbeit gegen uns keinen Erfolg gehabt hat, den 
offenen systematischen Kampf gegen uns begonnen, ln 
der Luft Wiens, die mit dem Gestank des in Auflösung 
üb er gegangenen Österreichs erfüllt ist, fliegen statt Vö 
gel Schimpfworte und Verleumdungen umher. Jeder 
tschechische Lump und jeder österreichische Esel schmäht 
Ungarn. Jetzt hat eine österreichische Eule für ihre Ge 
nossen die Entdeckung gemacht, daß von den ungarischen 
Soldaten wenige gefallen, dafür überaus viele in Gefan 
genschaft geraten sind. Wenn dies so wäre, würden wir 
glücklich Beifall klatschen, denn für die Welt ist das ge 
sunde, edle magyarische Blut viel notwendiger als das 
österreichische. Aber leider hat Ungarn an Toten und Ge 
fangenen unverhältnismäßig viel verloren, und zwar nicht 
bloß durch die Verrätereien der Tschechen, sondern auch 
dank der österreichischen Führung. Alle diese Verluste
	        
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