Volltext: Kreuzweg eines Kaisers

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Zentimetern den Kaiser getroffen. Uber den Vorfall 
wurde strenges Stillschweigen beobachtet. Der Kron 
prinz durfte in den nächsten Tagen an den Trieben in 
Schwarzenbach und Geiger gut nicht teilnehmen. Diese 
Episode erzählt Freiherr von Mitis in seinem Buch ,Das 
Leben des Kronprinzen Rudolf. Die näheren Daten sind 
den Schußlisten entnommen, die Kaiser Franz Joseph 
über das von ihm erlegte Wild eigenhändig mit größter 
Genauigkeit führte. Es ist eine der primitivsten Regeln 
des Jagdbetriebes, daß kein Schütze während eines Triebs 
sich von seinem Standplatz entfernen darf, eine Vor 
schrift, die im Interesse der eigenen wie auch der Sicher 
heit aller Teilnehmer nur zu begreiflich ist und auch nie 
mals außer acht gelassen wird. Der Kronprinz war ein 
so tüchtiger Weidmann, daß niemand die Außerachtlas 
sung einer so primitiven Vorsicht anders als damit wird 
erklären können, der seelische und Nervenzustand Ru 
dolfs wäre schon damals nicht mehr normal gewesen.“ 
Kehren wir nun zur Frage der Ernennung eines ungari 
schen Kabinettssekretärs für den Kaiser zurück. Graf 
Polzer-Hoditz liefert eine kennzeichnende Schilderung 
seines Besuches bei dem Grafen Tisza. Wenn er auch seine 
Erzählungen mit belanglosen Einzelheiten zu überladen 
liebt, so besitzt er doch die Gabe, die Atmosphäre gut 
wiederzugeben: 
„Am 20. Februar begab ich mich in Begleitung eines un 
garischen Beamten der Kabinettskanzlei nach Budapest, 
um mich auch dort als Kabinettschef vorzustellen. Den 
Grafen Tisza kannte ich nicht persönlich. Ich war auf den 
Eindruck gespannt, den dieser Mann, dessen Politik ich 
mir zum Gegenstand besonderen Studiums gemacht hatte, 
auf mich ausüben würde. Am 21. Februar 1917 vormit 
tags ließ ich mich durch einen seiner Präsidialbeamten 
bei ihm melden. Einige Minuten später betrat ich das Ar 
beitszimmer dieses mächtigsten Mannes in Ungarn. Graf
	        
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