Volltext: Kreuzweg eines Kaisers

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dagegen, ebenso die Tschechen und Polen, die Deutschen 
waren nicht einmütig, die meisten hatten nichts für ein 
Großösterreich übrig. Ermutigung kam nur aus Galizien, 
von den Kroaten und anderen ungarischen Minoritäten. 
Die Aussicht auf Befreiung vom magyarischen Joch begei 
sterte sie. Dafür waren auch die Ruthenen, die unter der 
Bedrückung durch die Polen litten, weiter die österreichi 
schen Christlichsozialen, die die Hauptvertreter des 
Reichsgedankens waren. Das Projekt scheint eines natür 
lichen Todes gestorben zu sein. Nachdem die österrei 
chische Presse es durch Totschweigen schon bei der Geburt 
erdrosselt hatte, beeilten sich die Ungarn, es zu be 
statten. 
Franz Ferdinand war aber nicht der Mann, der sich so 
leicht abschrecken ließ. Der Trialismus schien ihm dann 
die praktischere Lösung. Zu Österreich und Ungarn sollte 
ein dritter Staat hinzutreten, der aus den von Kroaten, 
Slowenen und Serben besiedelten Gebieten zu bilden war. 
So hätte man ein Gegengewicht gegen das ungarische 
Übergewicht im Reiche geschaffen. Aber die Regierung 
von Serbien witterte darin eine Gefahr für ihre eigenen 
ehrgeizigen südslawischen Pläne und mobilisierte alle ihre 
Geheimbünde, um den trialistischen Gedanken bei den 
Südslawen der Donaumonarchie zu Fall zu bringen. In 
der Tat war die Furcht vor einer Stärkung Österreichs 
durch den Trialismus eine der Haupttriebfedern zur Er 
mordung des Thronfolgers in Sarajevo. Das, obgleich er 
mit dem Trialismus bloß geliebäugelt hatte. Nicht mehr. 
Wäre er auf den Thron gekommen, so hätte er wohl be 
harrlich, wenn auch allmählich auf ein Großösterreich, 
sein ihn ganz gefangen nehmendes Ziel, hingearbeitet. 
Das hätte wahrscheinlich zu einer von der Oligarchie an 
gezettelten Revolution in Ungarn geführt.
	        
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