Volltext: Das Chorherrenstift St. Florian [56/57]

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daraus den heutigen Bau gemacht, der mit Remps farbenfreudigen 
Deckengemälden und Madernis zarter Stückarbeit einen so vornehm- 
frohen Anblick bietet. Der geniale Baumeister wurde in seinen Arbeiten 
aufs beste unterstützt von Propst Johann Baptist, dem Bauen fast zur 
Leidenschaft war. Unter seiner Regierung wird der ganze Südtrakt mit 
dem Marmorsaal gebaut. Nicht einmal in der Kirche kommt die freudige 
Stimmung des Barock so zum Ausdruck wie in dem Festsaal des Stiftes, 
wenn die Sonne ihn durchflutet. Barock braucht ja Sonne, viel Sonne! 
Der Saal mißt 32 m in der Länge und die Hälfte davon nach der Höhe 
und Breite. Etwa 3 m hoch sind die Wände mit Marmortafeln umkleidet. 
Alles übrige ist Stuckmarmor. Der Meister sollte aber dieses Werk — 
eines seiner meist bewunderten — in seiner Vollendung nicht mehr 
sehen. Nach seinem Tode wurde kein anderer Baumeister mehr in den 
Dienst des Stiftes gestellt. Der Plan für das übrige war vorhanden. So 
führte der bisherige Meistergesell Jakob Steinhuber — und als dieser 
nach fünfzigjährigen treuen Diensten bei Ausübung seines Berufes aus 
einem Fenster des zweiten Stockes stürzte — dessen Sohn Michael das 
Werk zu Ende. An den Stukkaturen arbeitete außer dem schon genann 
ten Maderni und etlichen anderen Italienern der Linzer Josef Ignaz 
Holzinger. Auch für die Ausschmückung des Stiftsgebäudes legte man 
großen Wert darauf, tüchtige Maler zu gewinnen. Eine stattliche Zahl stellt 
Kunst und Pinsel in den Dienst des Stiftes. Vor allem waren es Martino 
und sein Sohn Bartolomeo Altomonte. Martino war als Kind deutscher 
Eltern — sein Vater hieß Hohenberg — in Neapel geboren. Er studierte 
in Rom. Er und Johann Rottmayr gehören zu Anfang des 18. Jahr 
hunderts zu den Hauptvertretern der österreichischen Baroekmalerei. 
Ihr Stil ist charakterisiert durch anmutige Gestalten, lebensvolle Kom 
position, leichte Bewegung und farbenfrohes Kolorit. Vater und Sohn 
haben in St. Florian sehr viel geschaffen. Die Hauptdeckengemälde 
stammen von ihnen, so im Naturalienkabinett, in der Dechantei, im 
Sommerspeisesaal, in der großen Sakristei. Die prächtigsten sind wohl 
die im Marmorsaal und in der Bibliothek. Das erste ist inspiriert vom 
Geiste der siegreichen Türkenkriege: in der Mitte thront Jupiter, den 
Fuß auf einen vor ihm liegenden Türken setzend. Ihm huldigen die 
Genien Österreichs und Ungarns. Andere Genien, Kunst und Wissen 
schaft, Handel und Ackerbau, streuen die Segnungen des Friedens aus. 
^ Links schweben der Genius des Tages und die Siegesgöttin Kränze 
streuend über dem Pegasus. Phöbus Apoll mit dem Viergespann von
	        
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