Volltext: Das Chorherrenstift St. Florian [56/57]

44 
tyrers in der Erde verborgen. Während letzterer nun verschollen blieb, 
wurden Valerias Reliquien im 13. Jahrhundert wieder ausgegraben und 
in einem Steinsarg beigesetzt. Die Steintafel, die auf ihrem Sarge steht, 
gibt — auch nach De Rossis Urteil — eine Nachbildung der Inschrift, 
die auf dem Bleitäfelchen des 4. JahrJtmgLderts gestanden: VI. NON 
MAI DEPOSICIO VALERIE VIDUE (2. Mai Beisetzung der Witwe 
Valeria). Eine typisch frühchristliche Grabinschrift. Im 13. Jahrhun 
dert setzte man nun noch dem ganzen ein Kreuz und dem Namen 
Valerias ein S(ancte) vor. An der Seite Valerias ruht jetzt Wilbirg, die 
Inclusa des Stiftes. — Die Krypta gehört in ihren ursprünglichen Teilen 
zu den ältesten Kirchenbauten nördlich der Alpen. Trotz der störenden 
Um- und Einbauten sind noch etliche Apostelkreuze und Farbstreifen 
einer alten Bemalung zu erkennen. 
* * 
* 
Während Stukkator, Bildhauer, Maler eifrig daran sind die Kirche zu 
schmücken, baut Carlone am Stiftsgebäude rüstig weiter. Breite, hohe 
Gänge, helle, luftige Räume entstehen. Alles ist mit reichem plastischem 
Schmuck geziert; alles atmet Freude und Frohsinn. 1706 wird schon an 
den langen Granitstufen des Stiegenhauses gearbeitet, und 1710 setzen 
sie noch Beil und Meißel in Bewegung. Schon 1707 liefert der Steinmetz 
Blumenschein aus Steyr 28 Säulen dorthin und der Genuese Pietro 
Bianco schafft die Kapitelle dazu. Die großen Rankenornamente, welche 
die durchbrochenen Wände ausfüllen, beschäftigen letzteren aber noch 
7 Jahre später. Unterdes hatte der Tod dem ersten Baumeister des 
Stiftes Zirkel und Stift entwunden. Am 11. Oktober 1708 trat der 
„edle und kunstgerechte Herr Jakob Prandauer, Baumeister zu St. 
Pölten 66 , ein geborner Tiroler, an seine Stelle. Nach Hildebrand und 
Fischer von Erlach darf er als der bedeutendste Baumeister des öster 
reichischen Barock bezeichnet werden. Er hält sich keineswegs sklavisch 
an den Entwurf Carlones. Schon das Portal wird über Wunsch des 
Propstes Claudius, der sich in Rom nicht nur sein theologisches Wissen, 
sondern auch ein feines Kunstverständnis geholt, geändert. 1713 war 
es mit seinen beiden übereinander gestellten Altanen, die von mäch 
tigen Telamonen getragen werden, vollendet. Auch das Stiegenhaus ver 
dankt seine viel bewunderte Form dem neuen Baumeister. Denn nach Car 
lones Plan war es als geschlossener Raum gedacht. Prandauer erst hat
	        
Waiting...

Nutzerhinweis

Sehr geehrte Benutzerin, sehr geehrter Benutzer,

aufgrund der aktuellen Entwicklungen in der Webtechnologie, die im Goobi viewer verwendet wird, unterstützt die Software den von Ihnen verwendeten Browser nicht mehr.

Bitte benutzen Sie einen der folgenden Browser, um diese Seite korrekt darstellen zu können.

Vielen Dank für Ihr Verständnis.