Volltext: Die Lebensbeschreibung Severins als kulturgeschichtliche Quelle (2 ; 1903)

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Als kulturgeschichtlich interessant mag hier noch eine Erzählung aus 
Kapitel 13 angeschlossen werden. Als die Salzburger einst an dem 
Abend eines Sommertages die Lichter zum Gottesdienst anzünden 
wollten, fanden sie nirgends Feuer. Es gelang ihnen auch nicht, aus 
Feuersteinen oder aus Stahl und Stein Feuer hervorzulocken 1 ). In 
diesem Zusammenhang scheinen zwei verschiedene Verfahren der 
Feuererzeugung angedeutet zu sein, einmal das zeitraubendere und 
schwierigere, schon zur neolithischen Zeit in Ermangelung von Schwefel 
kies geübte, nach dem durch Reiben zweier Feuersteine Feuer erzeugt 
wurde, dann aber die Benutzung eines Feuerzeuges, das auch die frän 
kische Periode kannte und das aus Stahl und Feuerstein bestand, die 
meist in einer Tasche an der Hüfte getragen worden sind 2 ). 
Überblickt man nach allen Andeutungen der vita das, was über die 
Eigenart des Wirtschaftslebens im Norikum des 5. Jahrhunderts 
gesagt werden konnte, so ergibt sich folgendes. Die Naturalwirtschaft 
herrscht in vollem Umfange, aber sie befindet sich auf einer noch primi 
tiveren Stufe als auf jener, da das Metallgeld nur Wertmaß und kein tat 
sächliches Zahlungsmittel ist. Das Edelmetall dient überhaupt nicht zu 
Geldzwecken. Die, die nach ihm trachten, wollen Schätze sammeln, Kultus 
gerätschaften damit ausstatten oder ein Tauschobjekt für notwendige 
Lebensmitteleinfuhr gewinnen. Der Sold der Truppen, die Tribute der 
Städte an ihre Zinsherren bestehen in Naturallieferungen, die Abgaben 
des kirchlichen Zehenten in Erträgnissen der Landwirtschaft oder in 
Kleidungsstücken, und aus gleichen Beständen setzen sich die Armen- 
und Loskaufskassen zusammen. Da Zeiten der Not wiederkehren und 
die Zufuhr an Lebensmitteln unbedingt erforderlich ist 3 ), so werden wir 
*) Cap. 13,1: flammam concussis ex more lapidibus elicere nequiverunt, in tantum alterutra 
ferri ac petrae conlisione tardantes (p. 25, 11). 
2 ) Yergl. Korrespondenzblatt der deutschen Gesellschaft für Anthropologie, Ethnologie und 
Urgeschichte 29, 152 und 30, 113. O. Förtsch, Die Entstehung der ältesten Werkzeuge und 
Geräte. Hall. Diss. 1892 S. 49 h 
3 ) Die wenigen Notizen der vita, die auf die Gestaltung des Verkehrswesens in Norikum 
Licht werfen, sind folgende: Lastwagen fahren über das Eis der Donau (ut etiam plaustris 
solidum transitum subministret cap. 4, 10 p. 16, 12). Severins Leiche wird auf einem mit 
Pferden bespannten zweirädrigen Wagen nach Italien geführt (carpento trahentibus equis 
cap. 44, 7 p. 53, 17). Ein carpentum wurde in Rom besonders von Priestern bei Festlich 
keiten gebraucht. Auch sonst wissen wir, daß die Römer in Deutschland carpentum und 
plaustrum als Landtransportmittel benutzten. Vergl. Sommerlad, Art. Verkehrswesen im
	        
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