Volltext: Die Lebensbeschreibung Severins als kulturgeschichtliche Quelle (2 ; 1903)

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wie in der Atda%r) zum Teil aus Erträgnissen des Ackerbaus, zum Teil 
aus Kleidern 1 ), nicht aber, wie dort, auch in Geld. 
Es ist beachtenswert, daß auch der Loskauf der Gefangenen als 
Zweck der Zehentgaben gilt. Tertullian hatte in jener berühmten Stelle 
seines Apologeticum, die die Organisation der christlichen Gesellschaft 
seiner Zeit schildert, gesagt, daß aus der Kasse der Gläubigen unter 
anderem auch für die, die sich in der Gefangenschaft befinden, Gelder 
aufgewendet würden 2 ), und auch die „Apostolischen Konstitutionen“ hatten 
bestimmt, der Gewinn christlicher Arbeit solle jenen Unglücklichen zu 
fließen 3 ). In seinen zwischen den Jahren 307 und 310 verfaßten „Divinae 
institutiones“ hatte auch Laktanz als eine der Äußerungen der aus der 
Gerechtigkeit erwachsenden Humanitätspflicht die Ernährung der Armen 
und den Loskauf der Gefangenen bezeichnet 4 ), und im Ausgang der 
achtziger Jahre des 4. Jahrhunderts schrieb Ambrosius den Satz: „Es 
ist die höchste Liberalität, Gefangene loszukaufen und sie den Händen 
der Barbaren zu entziehen, den Kindern die Eltern, dem Yaterlande 
seine Bürger zurückzugeben“ 5 ). 
Daß immerhin eine beträchtliche Quantität von Liebesgaben zusammen 
gekommen ist, ergibt sich aus dem Bericht der vita, daß Ferderuch 
nach diesem Schatz getrachtet habe (cap. 42, 44). Die Anschauung von 
dem Kirchengut als dem Armengut (patrimonium pauperum), dessen 
Verwalter nur der Klerus ist 6 ), kehrt in dem Verbot Severins an 
Ferderuch wieder: „ne me discedente aliquid horum, quae mihi commissa 
sunt, attaminare pertemptes et substantiam pauperum captivorum- 
que contingas“ 7 ). 
x ) Also hat Grimm nicht recht, wenn er meint (Deutsche Rechtsaltertümer 1899 I 541): 
„Zehenten von Kleidern sind undenkbar, weil diese nicht wachsen, sondern erst durch die 
Kunst der Menschen hervorgebracht werden“. 
2 ) Apologeticum cap. 39: si qui in custodiis. Yergl. Sommerlad, Wirtschaftsprogramm S. 45 f. 
3 ) Const. Apost. Y 1; IV 9. Sommerlad a. a. O. S. 91. 
4 ) Div. inst. VI 12: Proprium igitur iustoram opus est alere pauperes ac redimere captivos. 
Sommerlad a. a. O. S. 115. 
5 ) De officiis ministrorum II 15. Sommerlad a. a. O. S. 195 f. 
6 ) Vergl. Roscher, System der Armenpflege und Armenpolitik 1894 S. 76. 80. 84. Fried 
berg, Kirchenrecht 1895 S. 468. Loening, Geschichte des Kirchenrechts I 241. Es erscheint 
dem Augustin (ad psalm. 147, 12. Epist. 50 ad Bonifacium) als usurpatio damnabilis, wenn 
sich die Geistlichen als Eigentümer des Kirchenguts betrachteten. 
7 ) Cap. 42, 1 (p. 49, 10). Daß die substantia pauperum in vestes bestand, zeigt cap. 44, 1 
(cap. 52, 3).
	        
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