Volltext: Die Lebensbeschreibung Severins als kulturgeschichtliche Quelle (2 ; 1903)

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gichtkranken Sohnes auf Severins Rat, den Armen irgend etwas nach 
Vermögen zu schenken, „unverzüglich das Kleid eilig ablegt, mit dem 
sie angetan war, und eilt, es unter die Bedürftigen zu verteilen“ 1 ), so 
ist auch diese Kleidverteilung ein Ausnahmefall, ein Almosen mit einem 
bestimmten, augenblicklich erstrebenswerten Zweck. 
Allmählich aber, je mehr in dem kriegerfüllten Norikum Handel und 
Wandel stockten, die Erwerbsquellen sich verminderten und somit, weil 
den meisten die Arbeitsgelegenheit verschlossen wurde, die Zahl der 
Armen beständig wuchs 1 2 ), erkannte Severin, daß die vorhandenen 
Wohltätigkeitsanstalten und auch gelegentliche private Wohltätigkeit 
nicht ausreichten, um aller Not zu steuern. Jetzt griff er zu einem 
Radikalmittel gegen die Armut, zur Einrichtung des Zehenten. 
Über diese Einrichtung eines eigentlichen Zehenten lesen wir im 17. 
und 18. Kapitel der vita. Zunächst berichtet das 17. Kapitel von der 
„Sorge für die Gefangenen und Bedürftigen (captivorum egeno- 
rumque cura 17, 1 p. 28, 15): „Sehr viele — — verwandten voller De 
mut die Zehenten ihrer Früchte auf die Armen. Obwohl dies Gebot 
allen aus der Schrift (dem Gesetz) bekannt war, so erfüllten sie es doch, 
als sie es gleichsam aus dem Munde eines unter ihnen weilenden Engels 
vernahmen, mit beifallswürdiger Ehrfurcht“ 3 ). — — „Zehente aber, wie 
wir gesagt haben, für die Ernährung der Armen zu geben, ermahnte 
er durch seine Episteln auch die Völker von Norikum. Diesem Brauche 
gemäß hatte man ihm einst eine Anzahl Kleider überwiesen, auf daß> 
sie verteilt würden“ 4 ). 
Nach dieser Darstellung ist also der Zehent, den Severin in Norikum 
einführt, eine aus dem mosaischen Gesetz stammende Spende zugunsten 
der Gefangenen und Armen, die in Feldfrüchten und Kleidern besteht. 
1 ) Cap. 6, 2: tune mandat mulieri, ut pauperibus aliquid pro suis viribus largiretur. lila 
nihil morata vestem, quam induta fuerat, se velociter exuens egentibus dividere properabat 
(p. 18, 5). 
2 ) Vergl. die Schilderung der norischen Not bei Jung, Römer und Romanen in den 
Donauländern S. 243. 
3 ) Cap. 17, 2: plurimi .... devotissime frugum suarum decimas pauperibus impendebant. 
Quod mandatum licet cunctis ex lege notissimum sit, tarnen quasi ex ore angeli praesentis. 
audirent, grata devotione servabant (p. 28, 25). 
4 ) Cap. 17,4: pro decimis autem, ut diximus dandis, quibus pauperes alerentur, Norici 
quoque populos missis exhortabatur epistolis. Ex qua consuetudine cum ad eum nonnullam 
erogandarum vestium copiam direxissent (p. 28, 31).
	        
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