Volltext: Die Lebensbeschreibung Severins als kulturgeschichtliche Quelle (2 ; 1903)

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24. Kapitel der „cantor ecclesiae“, dem sich im 46. Kapitel ein „primicerius 
cantorum sanctae ecclesiae Neapolitanae“ anschließt 4 ). In der späteren 
Stiftsverfassung, die sich im 8. Jahrhundert auszubilden begann, wird der 
Dirigent des Chorgesanges und Leiter des Ritualwesens sowohl als 
Primicerius wie als Cantor bezeichnet 1 ), in den Zeiten Severins haben 
aber anscheinend neben und unter dem Primicerius mehrere Cantores 
gestanden. 
Der Primicerius ist unter Konstantin der zweithöchste Beamte des 
Cubiculum * 2 ), ein primicerius notariorum kommt in dem Staatshandbuch 
des ost- und weströmischen Reiches, der im Ausgang des 4. Jahr 
hunderts redigierten 3 ) Notitia dignitatum Orientis cap. 18, Occidentis 
cap. 16, in Justinians achter Novelle vom Jahr 535 4 ) und bei Gregor 
von Tours, Hist. Franc. II 9 (ein primicerius notariorum des Kaisers Jo- 
vinus) vor. Auch von einem primicerius notariorum des römischen 
Bischofs wird uns Kunde. Vermutlich ist nach diesem Titel, der 
„Kanzleivorsteher“ bedeutet, der Titel „primicerius cantorum“ als Be 
zeichnung des Vorstehers der Sänger geprägt worden. 
Da man annehmen mag, daß nach cap. 44, 5 der Presbyter Lucillus 
den abendlichen Psalmengesang leitete, so wäre entweder zu schließen, 
der Cantor sei selber Presbyter gewesen, oder aber (was mir wahrschein 
licher dünkt) die Grenze zwischen den Presbytern und den dienenden 
Ordnungen sei noch nicht scharf gezogen gewesen. 
Die Tatsache einer Trennung der ordines minores von den ordines 
maiores darf nach allem, was wir von der Tätigkeit und der Stellung 
dieser Beamten in der vita Severini erfahren, kaum vorausgesetzt werden. 
Der Küster der Kirche in Asturis wird im 1. Kapitel als Gastfreund 
des heiligen Severin bezeichnet (senex, qui in Asturis tanti hospitis 
susceptor exstiterat p. 12, 23). Die beiden Ostiarien in Kapitel 16 ver 
richten gemeinsam mit dem Gottesmann, einem Presbyter und einem 
Diakonen die Gebete an der Bahre des Presbyters Silvinus und werden 
auch Zeugen des Erweckungswunders, von dem sie gemäß eidlicher 
3 ) S. Richter-Dove, Kirchenrecht S. 359. Friedberg, Kirchenrecht S. 167 Anm. 19. 
2 ) Th. Mommsen, Ostgotische Studien (Neues Archiv der Gesellschaft für ältere deutsche 
Geschichtskunde 1889 XIV 464). 
3 ) Nach Karlowa, Römische Rechtsgeschichte I 992 ist sie etwas später, zwischen 411 
und 413 verfaßt worden. 
f) Mommsen a. a. O. S. 457. 464. 462 A.4. 512. 488.
	        
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