Volltext: Geschichte der Stadt Gmunden in Ober-Österreich. Dritter Band (3 / 1900)

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Handel und Wandel. 
lade erlegt hätte. Kein Meister durste eine Arbeit übernehmen, die schon ein 
anderer gehabt, und dazu das Maß genommen hatte; er sollte sonst um soviel 
Geld gestraft werden, als er Macherlohn dafür erhalten hatte. Für das Meister¬ 
werden eines Gesellen galt folgende Ordnung: Ein solcher mußte mindestens ein 
Jahr zu Gmunden um den Wochenlohn gearbeitet und sich die Bewilligung seiner 
Aufnahme als Mitbürger von der Stadtobrigkeit verschafft haben; weiter hatte 
er unter Bezahlung von zwei Kandcln Weines oder des hiefür entfallenden 
Betrages dem versammelten Handwerk sein Begehren persönlich vorzubringen. 
Dieses bestimmte dann Tag und Stunde der Aufnahme, die stets im Zechhause 
um 9 Uhr Vormittags stattfand und „Matery" genannt wurde. Vor Beginn 
derselben mußte er dem ganzen Handwerk ein Frühstück zahlen. Dieses prüfte 
dann seinen Lehr- und Geburtsbrief, und >vcnn er daraus „für redlich genugsam 
erkannt worden", mußte er beiläufig „zwölf Stück geistliche und weltliche Trachten 
nach Handwerksbrauch mit der Kreide entwerfen" und angeben, wie viel „Zeug, 
Seiden- oder Wolleutuch" er zu deren Anfertigung benöthigen würde. Dies war 
das „Bleisterstück". Wenn er diese Prüfung bestand, wurde er mit Wisse» des 
Magistrates zum Meister aufgenommen, und mußte i» die Zechlade 2 €1 4 und 
4 <tt Wachs oder den entsprechenden Geldbetrag geben. Nach altem Handwerks¬ 
brauch führte dann der junge Meister seinen bisherigen Meister und die Meisterin 
ins Bad, hielt sie daselbst frei und gab ihnen dann „mit’ Materhsuppeu", nach 
Jahresfrist aber das übliche „Meistermahl". Dies sollte indessen ohne übermäßigen 
Aufwand, zur Vermeidung von „beschwärlichen Schulden" geschehen. Wenn eines 
Meisters Sohn oder ein Auswärtiger, der eines solchen Witwe oder Tochter 
ehelichte, das Meisterrecht erwarb, so durfte er das erwähnte Meisterstück nur zur 
Hälfte machen, und auch bloß 1 &> 4 und 2 ü Wachs erlegen; von den übrigen 
Leistungen aber war er nicht befreit. Falls ein Gehschneider (Schneider vom 
Lande) oder überhaupt ein Nichtmitglied der Zeche sich untersteng, in der Stadt 
oder dem Burgfrieden zu arbeiten, so konnten ihm die Zechmeister mit Hilfe eines 
Gerichtsdieners die Arbeit wegnehmen und sie dem Magistrate zu weiterer Ent¬ 
scheidung übergeben. Die Aufnahme („Dingnuß", Aufdiugen) eines Lehrjungen 
sollte vor dem ganzen Handwerk geschehen. Dieser oder seine „Vorsteher" mußten 
zunächst die üblichen „zwo Kandl Wein" erlegen, dem aufdingenden Meister aber 
stand dies frei; dann erfolgte die Aufnahme, jedoch zunächst auf 14 Tage Probezeit, 
„da kein Meister wissen kann, ob sich der Junge wohl oder übet anlassen wird". 
Die Lehrzeit dauerte in der Regel zwei Jahre, wofür der Meister ein je »ach der 
Verwendbarkeit des Burschen bemessenes Lehrgeld nahm. Nach Ablauf derselben 
war er verpflichtet, seinem Lehrherrn noch ein Jahr gegen Besoldung zu dienen. 
Blieb er auch noch ein viertes Jahr bei ihm, so mußte ihm derselbe nach Ablauf 
dieser Zeit „ain Lehrkleid nach seinen Ehren geben". Nach Vollendung der Lehrzeit 
wurde der Junge von seinem Meister vor dem versammelten Handwerk frei¬ 
gesprochen, und sein Name in ein Verzeichnis eingetragen, damit ihm auch 
späterhin noch der Lehrbrief ausgestellt werden könne. Für das Freisagen ließ 
der Lehrjunge den Meistern „zwo Kandl Wein zu einer Gedächtnis auf den Tisch 
setzen" und zahlte zur Zechlade 2^ Wachs. Auch konnten sich sein Lehrmeister
	        
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