Volltext: Geschichte der Stadt Gmunden in Ober-Österreich. Dritter Band (3 / 1900)

Allerlei Schicksale. 
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Leuten ängstlich gemieden. Höllriegl kam übrigens bald darauf im Auftrage 
des landesfürstlichen Salzamtes als „ausgesetzter Bader" nach dein Enghagen, 
woselbst in einer der Auen an der Donau jene Stadliuger Schiffleute, welche 
aus dem noch immer nicht pestfreien Niederösterreich zurückkehrten, durch eine 
bestimmte Zeit in Contumaz gehalten wurden."") 
Die letzte Pestinvasion ereignete sich amio 1714. Schon im Jahre zuvor 
zeigte sich die „üble Seuche" hie und da in Ober- und Niederösterreich. Die 
Wiener Hofkammer hatte deshalb in Anbetracht des Umstandes, daß eine große 
Menge „Bettler und Gartgeher herumziehen, welches Gesindel eine gefährliche 
Ansteckung mit sich bringen könnte", die Aufstellung von Wachtposten in Gmunden 
und den übrigen Orten des Kammergutes verfügt. Zu diesem Zwecke ließ der 
Stadtmagistrat im sogeuauuteu „Tiefenthal" (einem Theile der heutigen Bahnhof- 
straße) und in Traundorf (im oberen Theile der Liuzerstraße) je ein „Wacht- 
häusel" mit einem Schranken erbauen und unterhielt daselbst einen permanenten 
Posten. Auch veranstaltete man, da sich die Pest immer inehr im Lande aus¬ 
breitete, zu deren Abwendung am 1. Mai 1714 eine Bittprocession nach Ohlstorf. 
Trotz alledem wurde die Krankheit wenige Monate später nach Gmunden, und 
diesmal in die Stadt selbst eingeschleppt. Ruprecht Mehsträtt, ein Gehilfe 
des Rauchfangkehrers Hans Adam P ö ß k r a u t in Gmunden, war zu Anfang 
September mit einem Lehrjungen in der bereits inftcirten Gegend von Frankenburg, 
Vöcklamarkt und Frankenmarkt auf Arbeit gewesen und dort sammt seinem 
Begleiter von der Seuche befalle» tvordeit. Während nun dieser auf dem Heim- 
tvege „auf der Straßen" starb, erlag der Gehilfe seinem Leiden erst am 9. Sep¬ 
tember im Hause seines Meisters (Riunholzplatz Nr. 5). Entweder wurde nun 
die Krankheit nicht sofort erkannt oder man wollte sie aus irgend einem Grunde 
vertuschen: Die Untersuchung ergab angeblich „nichts Verdächtiges". Bald aber 
erkrankten auch die übrigen Hausbewohner, und nun erst wurden dieselben in 
richtiger Erkenntnis der Sachlage strenge isvlirt gehalten. Nicht einmal dem 
Stadtpsarrer wurde der Zutritt gestattet, weswegen er den Krankeil vom Dach¬ 
fenster des Nachbarhauses aus die Tröstungen der Religion spendete. Nach dem 
Tode einiger Patienten gieng man noch weiter, delogirte die Ueberlebenden 
nächtlicher Weile uild brachte sie in Kranabeth unter. Dort wurden sie im 
Armenhause mit dem Kaplan Johann N i c o l a u s S ch o i ß w o l l, einem Bader¬ 
geselleu uild einer Wärterin internirt. Schon iirnerhalb weniger Tage erhielten 
sie einen weiteren Zuwachs von sechs Pestkranke», darunter dein Bader Ulrich 
Fr et sch er, der schon seit Beginn die Krankenbehandluug geführt hatte, und der 
erwähnten Wärterin. Die Gesammtzahl der Erkrankungen belief sich auf achtzehn 
Personen, von denen keine mit dem Leben davonkam. Air dieser Ziffer war die 
Familie Pößkraut, welche ganz ausstarb, mit zehn Personen betheiligt."') 
Sämmtliche Leichen begrub man in der schon oben erwähnten Siechenwiese, der 
Kaplai: und der Badergeselle aber wurden „nach gehaltener Coiltumaz ivieder 
aus ihrem Liebeskerker erlediget"?") 
Ein anderer unheimlicher Gast, der Typhus (Bauchtyphus, Typhus 
abdominalis), erhob sich in Gmunden nicht selten zu bedeutenden Epidemien.
	        
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