Volltext: Geschichte der Stadt Gmunden in Ober-Österreich. Dritter Band (3 / 1900)

Allerlei Schicksale. 
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Der Magistrat entschied sich für letzteres nnd übernahm diese Verpflichtnng vom 
17. Jänner 1621 angefangen.55) 
Die Aufführung dieser Truppeir war keine rühmenswerte. Wohl hatte der 
Generallieutenant und kurfürstlich bairische Rath Johann T'serclaes Frei¬ 
herr von Tilly, der berühmte Feldherr, bereits zu Anfang August 1620 den 
Gmundener Bürgern einen Schutzbrief („Lalva Q.na.i’dia.“) ertheilt,5") und in 
demselben befohlen, daß „alle Obristen, Rittiueister, Hauptleuth', Befehlshaber 
und iusgmain die Soldaten zu Roß unb zu Fueß, sie seien edel oder unedel, bei 
Leibesstrafe solche Salva Quardia respectiren, von dem Eigenthum der Bürger¬ 
schaft nichts attentiren oder spoliiren (rauben), viel weniger von ihren Dienern, 
Jungen oder Troßgesind' dergleichen nichts geschehen lassen sollen". Trotzdem 
beschwerte der Hauptmann seinen Wirt auf alle mögliche Weise, behandelte ihn 
stets brutal und tractirte ihn wiederholt mit Schlägen. Die Klagen, welche derselbe 
hierüber beim Magistrat anbrachte, blieben natürlich erfolglos.5^) Auch sonst 
verstand es dieser Officier trefflich, sich durch Erpressungen zu bereichern. Sv gab 
er sich Mitte Februar 1621 den Anschein, als ob er seine Mannschaft von hier 
abführen und sie durch andere ersetzen würde, die bisher in Vöcklabruck und Haag 
einquartiert war. Um nun jenes zu erreichen und dieses zu verhindern, verehrte 
ihm der Magistrat einen Silberbecher im Werte von 39 fl. Rh. Als er diesen 
hatte, ließ er alles beim Sitten.58) Die Soldaten wiederum blieben hinsichtlich der 
an den Bürgern verübten Quälereien nicht hinter ihrem Hauptmann zurück. Auch 
stahlen sie, was sic nur fanden, namentlich aber in einer einzigen Stacht oft an 
die 30 Metzen Getraide, lvelches anläßlich des Wochenmarktes zur Stadt gebracht 
worden war. Wer sich hierüber beim Commandanten beklagte, bekam solche 
Drohungen zu höre», daß er es ein zweitesmal nicht mehr zu thun wagte. Und 
als der Magistrat den Statthalter uin Abhilfe, wie um Wegführung wenigstens 
der Hülste der Truppen bat, sagte er zwar zu, daß er den HUuptmann beauf¬ 
tragen werde, seine Leute besser zu zügeln, in Betreff des anderen Punktes aber 
meinte er geradezu, man solle froh sein, daß nicht, wie es anfangs beschlossen 
gewesen, „auch noch die Reiter sammt einem ganzen Fähndl Knechte" nach 
Gmunden gelegt worden seien.55) Gegen Mitte April zog aber doch Hauptmann 
T'serclaes mit seiner Mannschaft aus Gmunden ab. Als dies bereits im 
März bekannt geworden ivar, suchte der Magistrat auch die Schulden zu ordnen, 
welche die Soldaten im Betrage von 275 fl. 1 ß 17 4 bei den Bürgern gemacht 
hatten. Stach langen Verhandlungen ließ sich dann der Hauptmann herbei, seinen 
Leuten 200 fl. an ihrem Solde abzuziehen und dein Magistrate zu behändigen, 
womit sich dieser begnügte, und den Rest gegen Abrechnung bei der nächsten 
Steuerzahlung aus der Stadtcassa beglich."") Gegen Ende April erhielt Gmunden 
abermals eine Besatzung. Diesmal waren es Niederländer, u. zw. „drei Fähndl 
Knechte" unter dem Commando des Hauptmannes Jakob von Pin dt. Sie 
gehörten zum Anhalt'schen Regiment, dessen Befehlshaber SRathias Gallas 
in Stehr lag.61) Auch diese Leute hausten in Gmunden sehr übel, und trieben 
es besonders arg, wenn der Hauptmann in Steyr abwesend war. So zer- 
trümmerten sie in vielen Häusern die Einrichtungsgegeustände, stießen in ihrer
	        
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