Volltext: Geschichte der Stadt Gmunden in Ober-Österreich. Erster Band (1 / 1898)

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Sociale Verhältnisse. 
den „Bürgerbrief" ausgehändigt. Auch werden deren Namen noch jetzt in das 
„Bürgerprotokoll" eingetragen, welches 1795 angelegt wurde lind mit den Ein¬ 
zeichnungen bis 1745 zurückreicht.^) 
Wenn sich ein Bürger von Gmunden anderswo niederlassen wollte, so 
wurde er vom Stadtrathe „seines Glüb's entlassen" (seines Bürgereides ent¬ 
bunden) und ihm zu Bestätigung dessen ein schriftlicher Bescheid, „Abschied" 
genannt, eingehändigt, damit er sich an seinem neuen Wohnort „sein Stückl 
Brod ehrlich erwerben könne."") 
Die Mitbürger, in anderen Städten „Pfahlbürger" oder „Kleinbürger" 
genannt, bestanden aus Gewerbetreibenden und Kammergutsarbeiteru (Salz¬ 
arbeitern), überhaupt aber nur aus Hausbesitzern in- oder außerhalb der Stadt¬ 
mauern. Sie trugen zu den Lasten der Stadt bei, und waren bezüglich der oben 
angeführten allgemeinen Rechte der Gemeindemitglieder wie auch einer eventuellen 
Altersversorgung im Bürgcrspitale den Bürgern gleichgestellt. Dagegen entbehrten 
sie der Antheilnahme an der bürgerlichen Salzaufschütt und durften neben ihrer 
Alltagsbeschäftignng durchaus keine „bürgerliche Handtiernng" treiben. Hiedurch 
sollte „ein gebührlicher Unterschied zwischen der bürgerlichen und der Handwerks- 
Nahrung gehalten werden, die Handwerker um soviel mehr Ursach' und Anreizung 
haben, ihrer Beschäftigung desto fleißiger und emsiger auszuwarten, und die 
Bürger, so kein Handwerk können, desto leichter sich zu erhalten vermögen".55) 
Diese sonderbare Svcialpolitik war aber auf die Dauer nicht haltbar und mußte 
sich gar bald zu allerlei Zugeständnissen an die Mitbürger bequemen. So gestaltete 
man diesen zwar die Ausübung einer oder der anderen „bürgerlichen Handtiernng", 
jedoch mußten sie den Betrieb ihres Handwerks aufgeben; die Gewährung dieser 
Befugnis stand aber bei dem Stadtrathe, und die „Mitbürger" waren mithin 
diesbezüglich dessen Willkür völlig überantwortet. Diesen« drückenden Zwange 
fliehte sich der Handwerkerstaird nach allerlei Kämpfen mit de«« „Altbürgern" z«« 
Anfang des XVI. Jahrhunderts mit Hilfe des Landesfürsten zu entwinden. Es 
gelang ihm aber dies keineswegs so vollständig, «vie seinen Genossen in anderen 
Städten. Die „verordneten Räthe und Commissarien der Reformation im Lande 
ob der Ens", «velche» man gelegentlich ihrer Anwesenheit zu Gmunden die Sache 
vorgebracht hatte, entschieden am 31. October 1524 endgiltig dahin, „daß man 
nicht zugebe«: könne, daß die Handwerker neben den Bürgern mit Salz und Wein 
bürgerlichen Handel treiben, wie a««ch die Lentgebschaft ausübe«:", denn das 
„Wesen" der Stadt Gmunden lasse sich nicht mit den in anderen Städten 
herrschenden Verhält««issen vergleichen. Derjenige Handtverkcr, tvelchcr sich einer 
der genannten bürgerlichen Beschäftigungen widinen wolle, könne nach «vie vor 
unter Verzichtleistung auf die Ausübung seines Handwerkes vom Stadtrathe uitter 
die Bürger aufgenoinmei: werden, doch müsse er i«: der Stadt hausgcsesscn sei», 
und habe bezüglich des Betriebes einer Salzfertigung speciell noch die Genehmigung 
des jeweiligen landesfürstlichen Salzamtmannes eiirzuholen. Auch könne ein Jeder, 
dein der neue Wirkungskreis nicht behage, tvieder zu seinem Handtvcrke zurück¬ 
kehre». In: Uebrigen sei den Mitbürgern von nun ab der Handel mit Getraide 
und anderen, den Bewohnern des Salzkammergutes dienlichen Artikeln neben dem
	        
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