Pettenfirst: Madonna, Magdalena und Afra als Hauptfiguren im jetzigen barocken Hoch¬
altar, 4 Reliefs vom früheren Flügelaltar, um 1500 (Mariä Heimsuchung T. 32 e). Ferner
die reichen Sammlungen des Linzer Museums1), in den Stiften St. Florian, Kremsmünster,
Lambach usw. und gar manche Skulpturen im Privatbesitz (Herrschaften, Privatmuseen).
Das Verzeichnis der Kirchenbauten aus der 2. Hälfte des 15. Jahrhunderts enthält
nur jene, die nachweisbar aus dieser Zeit stammen; viele andere stammen ebenfalls noch
aus diesen Jahrzehnten. Wenn P. Fl. Wimmer unter 200 Kirchen in Oberösterreich, die
er untersuchte, 160 gotische aus dem 15. Jahrhundert (meist 2. Hälfte) gefunden hat, so
dürfte man daraus schließen, daß sich unter den ungefähr 600 Kirchen 480 gotische be¬
fanden. Nimmt man für jede Kirche durchschnitt¬
lich 3 Altäre an (viele Kirchen hatten bestimmt
mehr: Kefermarkt 8, St. Florian, Stadtpfarrkirche
Steyr je 10), so wären im 15 Jahrhundert, und
zwar größtenteils in der 2. Hälfte, ungefähr 1400
gotische Altäre errichtet worden.
Jedenfalls ist die Anzahl der gotischen Al¬
täre des 15. Jahrhunderts eine außerordentlich
große gewesen; die Stiftskirchen zu Kremsmünster,
Mondsee, usw., die Stadtpfarrkirchen Linz, Enns,
Braunau, Freistadt, Wels hatten jede eine größere
Zahl von Altären.
Man muß deshalb zur Annahme kommen,
daß in der Donaugegend, d. i. in Ober- und Nieder¬
österreich damals sich mehrere Kunststätten be¬
fanden; es ist ganz ausgeschlossen, daß alle bes¬
seren Altäre aus Nürnberg, Würzburg, Bruneck usw.
stammen.
Die Künstler nahmen für ihre Plastiken
die heimatliche Linde, nicht das Zirbelholz, das in
den Alpen vorkommt; ihre Modelle waren boden¬
ständig; die Figuren zeigen den heimatlichen, kräf¬
tigen Menschenschlag in der damaligen Gewandung. Man vergleiche die 2 Reliefs Mariä
Heimsuchung und Jesu Darstellung im Tempel im Linzer Museum2) mit dem Kefermarkter
Relief; sofort fällt der slawische Gesichtszug mit den starken Backenknochen auf, sie
stammen aus dem Stifte Schlägl an der böhmischen Grenze. Dabei zeigen sie eine stili¬
stische Einwirkung von der Kunststätte des Kefermarkter Altares, z. B. das Gesicht Mariens
auf dem Bilde der Heimsuchung und den Flügeln zu Kefermarkt, sowie der bärtige Priester
bei der Darstellung Jesu mit der bärtigen Propheten-(Apostel-)Büste des Gesprenges in
Kefermarkt.
Die Holztechnik war in unserer Gegend nicht unbekannt. Das Kunstgewerbe
stand damals in schöner Blüte. Man betrachte das gotische Zimmer im Museum zu Linz,
die Kirchenstühle in Waldburg und in St. Agatha, Pfarre Goisern; die herrlichen Para¬
mente; die wunderhübschen Abbildungen auf den alten Glocken, z. B. des Linzer „Pixen-
maister Reicher“ auf den Glocken in Leonding bei Linz und Zell bei Zellhof; die herr¬
lichen Relief-Bilder auf den Glocken zu Kefermarkt, zu Kirchberg bei Kremsmünster
A) Ygl. Ubell: Die Sammlung got. llolzskulpt im Mus. Linz, Kunst u. Kunsthandwerk 1912 und
T. 20 b; 29 a und d; 30 e. — 2) Ubell: Die Sammlung gotischer Holzskulpturen lm Museum in Linz,
Kunst und Kunsthandwerk 1912, S. 147 und 148.
Abb. 24. Steyr: Spital, Kruzifix.
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