Volltext: Der gotische Flügelaltar zu Kefermarkt

Andreas Graf von Thürheim1) gibt für seine Behauptung .. . „als Kunstwerk erster 
Größe kann das 1476 in Nürnberg verfertigte meisterhafte Schnitzwerk des prachtvollen 
Hochaltares . . . betrachtet werden“, keinen Beleg an. 
Dr. Hermann Ubell, Direktor des Museums in Linz,2) setzt sich ebenfalls für 
Tilmann Riemenschneider ein; er verweist an der Hand des Werkes: Tönnies, Tilmann 
Riemenschneider, Straßburg 1900, auf eine Anzahl von Vergleichspunkten. 
Dr. Friedr. Lübbecke, Direktor der städtischen Galerien in Frankfurt a. M.,3) ist 
in der Besprechung von Ubells „Wolfgangs-Altar in Kefermarkt“ mit der Zuweisung an 
Riemenschneider weniger zufrieden; er weist auf die Nürnberger Kunst eines Dürer und 
Veit Stoß hin. „Schon heute kann gesagt werden, daß nur zwrei Meister für diesen Altar 
in Betracht kommen: entweder ein uns unbekannter, der so lange bei Veit Stoss lernte, 
bis er fast in ihm aufging, oder Veit Stoß selbst. . . .“ 
Franz Heege hat4) in einer eingehenden Abhandlung unabhängig von Lübbecke 
die Autorschaft des Meisters Veit Stoß nachzuweisen versucht. 
Generaldirektor Philipp Maria Halm, München, versucht5) den Kefermarkter Altar 
der alpenländischen Schnitzkunst, „der unmittelbaren Gefolgschaft Michael Pachers“ zu¬ 
zuschreiben.6) Halm führt eine Reihe von Vergleichspunkten an. Die Verwendung von 
Linden- statt des üblichen Zirbelholzes führt zur Annahme, daß der Altar an Ort und 
Stelle oder doch mehr in der Ebene gefertigt wurde; — vermutlich das Werk eines 
W and erkü nstlers. 
„Ich kenne kein alpenländisches Schnitzwerk, in dem der Leben spendenden Kraft 
des seitlich einfallenden Lichtes, genau wie bei Pachers Wunderwerk, eine so wichtige 
Rolle eingeräumt wäre wie an dem Altar in Kefermarkt. Wie die Schreinfiguren aus dem 
Dämmer ihrer Nischen und Baldachine hervortreten, wie das Licht über die Faltenkämme 
huscht und sich von tief furchenden Schlagschatten abhebt, das ist alles genau mit den¬ 
selben Mitteln wie dort angestrebt. Wie müßte sich diese jetzt schon auffallende Ver¬ 
wandtschaft zu ähnlich reicher Wirkung steigern, wenn Farbe und Vergoldung dem Werke 
die endgültige Vollendung und Weihe gegeben hätten. Das Visionäre und Feierliche, was 
aus dieser glänzenden Ausnutzung der Höhen- und Tiefenkontraste, wie sie sonst nir¬ 
gends mehr die Bildnerei des Nordens in solch kraftvoll malerischer Wirkung kennt, 
resultiert, wäre dadurch unfehlbar noch mächtiger in# die Erscheinung getreten und hätte 
dem Altar uneingeschränkt den Ehrenplatz neben Pachers Meisterschöpfung eingeräumt, 
der ihm wenigstens als Schnitz werk gebührt.“7) 
Die Berechnung auf Licht und Farben Wirkung beim Kefermarkter Altar ist in den 
vorstehenden Zeilen Halms trefflich gekennzeichnet. 
Dr. Max Loßnitzer, Dresden, der Verfasser des Werkes: Veit Stoß, die Herkunft 
seiner Kunst, seine Werke und sein Leben, Leipzig 1912, Verlag Julius Zeitler, lehnt die 
Zuschreibung des Kefermarkter Altares an Veit Stoß durch Dr. Lübbecke und Heege ab. 
Loßnitzer kannte den Altar aus Photographien und auch die Zuweisung an Stoß durch 
die Lokaltradition. Nach seiner Anschauung stammt der Altar von einem tüchtigen 
Schnitzer von selbständigem Temperament; er verweist auf den Einfluß der Pacher- 
schen Schnitzkunst.8) 
Dr. Felix Mader, Kunsthistoriker am kg. Nationalmuseum in München, schrieb 
gelegentlich in einem Privatbrief vom 8. März 1908: . . . Soviel ist sicher, daß von den be¬ 
kannten mittelalterlichen Schnitzern keiner in Frage kommt, auch Stoß nicht. Ein Ver- 
9 Die .Reichsgrafen und Herren von Thürheim, S. 156. — 2) ]. c. S. 54. — 3) Ein Meisterwerk 
deutscher Holzskulptur. Der Wolfgang Altar zu Kefermarkt. „Frankfurter Zeitung“ 18. März 1913, Nr. 77. 
— 4) „Christi. Kunstblätter“, Linz 1913, Heft 6. — r) Kunst und Kunsthandwerk. Wien 16. J. 1913, S. 376 ff. 
— 6) 1. c. S. 391. — 7) 1. c. S. 391. — 8) „Christi, Kunstblätter“, Linz 1913, S. 92. 
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