Volltext: Der gotische Flügelaltar zu Kefermarkt

Lose so vieler anderer gotischer Altäre. Er wurde durch die Barocke nicht der Zer¬ 
störung, sondern der Nichtbeachtung übergeben-1) 
Der gotische Flügelaltar des Veit Stoß in Schwaz mußte 1619 einem Barockaltar 
weichen. — Auch in der gotischen Kefermarkter Kirche zog der Barockstil ein; die 
Jesuiten waren ihm zugetan.2) Diese allgemeine Kunstrichtung und etwa auch das 
Streben des neuen Schloßherrn zu Weinberg, Graf Christoph Leopold Thürheim, die Kirche 
wieder instand zu setzen, können die Entfernung der verfallenden gotischen Seitenaltäre 
veranlaßt haben. Graf Thürheim hatte um 1670 „auß eignen mitln'4 die jetzigen 2 Seiten¬ 
altäre3) (Marien- und Sebastiani-Altar) und um 1680 den Kreuzaltar machen lassen. 
(S. Abb. 17, 18.) 
Wann sich die Umbildung des Hochaltares vollzogen hat, läßt sich jetzt nicht 
mehr mit Sicherheit angeben; vielleicht finden sich noch arcbivalische Belege hiefür. 
Eine Stelle in der Kirchenrechnung 1640 läßt vermuten, daß etwa in diesem Jahre 
die Neugestaltung des Hochaltares erfolgte;4) spätestens aber um 1670-1680, vor der 
Aufstellung der neuen barocken Seitenaltäre. 
Während die meisten gotischen Altäre, deren es im Lande eine Menge gab, 
ganz beseitigt wurden, entschloß man sich in Kefermarkt, vielleicht aus Wertschätzung 
für die herrliche Kunstschöpfung (oder wegen Geldmangel für einen neuen Hochaltar?), 
ungefähr 150-180 Jahre nach Errichtung der Altäre, die noch guterhaltenen Bestand¬ 
teile der Nebenaltäre zur Ergänzung des schadhaften Hochaltares zu verwenden. 
Die alte Fassung der Figuren wurde, soweit sie noch vorhanden war, beseitigt 
(nach Mitteilung eines Fachmannes durch Anfeuchten mit Wasser und Abschaben). Die 
Ornamente wurden, vielleicht zur besseren Konservierung, mit steingrauer Leimfarbe ge¬ 
strichen, die Figuren (außer St. Wolfgang und den Flügeln) in der Naturfarbe belassen. 
Franz Heege5) ist der Anschauung, daß der jetzige Flügelaltar aus 2 Altären 
zusammengesetzt sei, dem St. Wolfgang- und dem Marien-Altar. Zum Wolfgang-Altar 
gehörten die 3 Hauptfiguren (Wolfgang, Petrus, Christoph), wahrscheinlich auch Sankt 
Laurentius und St. Stephanus, sowie sämtliche musizierenden Engel; St. Florian und Georg 
waren Schreinwächter zu beiden Seiten des Mittelschreines. Dazu bewegliche Flügel mit 
Flachrelief oder gemalten Szenen aus dem Leben des hl. Wolfgang; der große Kruzifixus 
war vielleicht auch im Gespreng aufgerichtet, wie zu St. Wolfgang. 
Zum Marien-Altar gehörten die Madonna im Gespreng mit den beiden Schuppen- 
Engeln als Kronenträger, daneben Katharina und Barbara. Agnes und Margarita (Helena?) 
standen etwa im Gespreng neben einer Krönung Mariens; die kleinen Propheten- und 
Kirchenlehrer-Figuren im Rundbogen des Schreines; in den Ecken des Schreines über 
dem Rundbogen standen wohl die 2 Büsten. Dazu die Seitenflügel des jetzigen Hoch¬ 
altares mit den Szenen aus dem Marienleben. 
Der Anschauung Heeges gegenüber kann ich nur sagen: der Hochaltar enthält 
sicher Teile von anderen Altären; das Urbild des Altares aber können wir nur vermuten. 
Wenn ich trotzdem im nachstehenden meine Anschauung über das Urbild des Hochaltares 
mitteile, so will ich es nur als Hypothese, als meine Anschauung, bringen, die ich mir 
im Laufe von Jahren gebildet habe, die einen gewissen Grad von Wahrscheinlichkeit be¬ 
anspruchen dürfte. 
*) Zibermayr 1. e S. 11 und mündliche Mitteilung. Die einschlägigen Akten sind im Landes¬ 
archiv zu Linz. — 2) Die Jesuiten in Linz legten am 31. Juli 1669 den Grundstein zur neuen Kirche 
„templum S. Ignatii“ im Barock-(Jesuiten-)Stil. Beschreibung: P. Kolb, Mitteilungen über das Wirken der 
Patres Jesuiten in Linz. Linz, Preßverein, 1908, S. 84 f. — 3) Passauer Akten des bischöflichen Ordinariats- 
archives in Linz, Faszikel Kefermarkt. — 4) In einem Aktenstücke des Pfarrarchives Kefermarkt ist im 
Jahre 1668 bereits ein Tabernakel erwähnt, der in dem nach Entfernung der Predella gebildeten Hohlraum 
Platz gefunden hatte. — 5) „Christliche Kunstblätter“ 1913, S. 105. 
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