Volltext: Kupferstich und Holzschnitt in vier Jahrhunderten

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Außer diesem seinem größten Blatte werden Elsheimer noch sieben andere 
Radierungen meist ganz kleinen Formates zugeschrieben. Bezeichnet ist nur der 
h. Joseph mit dem Jesusknaben, einer seiner frühesten selbständigen künstle 
rischen Radierversuche. Der ebenfalls frühe Tobius mit dem Engel (Nagler 2), 
ein Lieblingsthema des Malers, ist technisch ganz ähnlich wie der Pferdeknecht 
behandelt, aber matter und trockener und weniger farbig. Die andere Dar 
stellung desselben Gegenstandes, in Höhenformat (Nagler 3), ist ganz überarbeitet. 
Höchst reizvoll sind die vier kleinen Blättchen mit arkadischen Landschaften, 
die von Satyrn und Nymphen bevölkert werden. Sie sind viel zarter und ver 
triebener ausgeführt als die vorher genannten Radierungen, viel geschlossener 
im Ton, meist aber nur ganz schwach geätzt, ohne Nacharbeit und ohne große 
Tiefe der Schatten. Trotzdem zeigen besonders der „flötende Satyr“ und die 
„tanzende Nymphe“ (s. Abb. S. 445), Landschaften von feinstem Helldunkel. 
Die zierliche Staffage ist mit größter Kunst innig mit dem Hintergründe ver 
bunden, alle Einzelheiten höchst lebendig. Ohne Zweifel sind diese mytho 
logischen Darstellungen später entstanden als jene größeren, mehr skizzenhaften 
und gröberen Radierungen. Eine solche Durchsichtigkeit und Feinheit der Ab 
stufungen im Baumschlag, diese äußerste Zartheit der fernen Gründe hat in der 
Radierung außer Elsheimer nur noch Claude Lorrain zu erreichen vermocht. 
Elsheimer steht auf seiner künstlerischen Höhe in Deutschland ganz allein. 
Weder können sein Lehrer Philipp Uffenbach in Frankfurt (gest. um 1639), 
der einige Blätter gut, aber in veralteter Manier radiert hat, oder gar Adam 
Griemer (Frankfurt, gest. 1640) als seine Vorgänger angesehen werden, noch 
ist unter der jüngeren Generation irgendeiner als sein Schüler zu bezeichnen. 
Fast alle schwanken haltlos zwischen der Nachahmung der Italiener oder der 
Niederländer hin und her. 
Der temperamentvolle Johann Wilhelm Baur (Straßburg um idoo bis 
164z Wien), ein Schüler des Straßburgers Friedrich Brentel (1580—1651) 
hat sich in Italien nach Callot und Deila Bella ausgebildet und ist auch haupt 
sächlich dort tätig gewesen. Unter seinen Radierungen sind die Schlachten, die 
„Caprici di varie battaglic“ (1635, s. Abb.), die Trachtenbilder (163 b) und 
151 bizarre und theatralische Illustrationen zu Ovid die bekanntesten. Sein 
eigenes Talent zeigt sich am vorteilhaftesten in den lebendigen Gruppen der 
Kämpfenden und in den Landschaften. Ein Nachahmer Baurs war Melchior 
Küssel (1611—1683), der auch viele Kompositionen von ihm gestochen hat.
	        
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