Volltext: Kupferstich und Holzschnitt in vier Jahrhunderten

453 
Anzahl gedruckt oder ursprünglich wenig beachtet worden sind. Einige radierte 
Illustrationen in Frankfurter sogenannten Meßrelationen von 1598 und 99, die 
man neuerdings auf Grund des auf ihnen angebrachten, aus A und E zusammen 
gesetzten Monogramms für den jungen Elsheimer in Anspruch genommen hat, 
zeigen in ihrem konventionellen, ganz zeichnerischen Stile wenig Verwandtschaft 
.selbst mit den frühesten der bisher anerkannten Radierungen Elsheimers, die in 
ihrer unbeholfenen Technik eine bedeutungsvolle Unbefangenheit, ein Tasten 
und Suchen nach neuen malerischen Wirkungen erkennen lassen. 
Besonders charakteristisch für Elsheimers Technik ist der „Pferdeknecht“, 
eine Studie, die einen jungen Menchen mit einem Pferde und zwei Hunden 
wiedergibt. Unregelmäßige Lagen gleichlaufender, ziemlich grober und rauher 
Ätzlinien verdichten sich in den Schatten zu tiefen, weichen Tuschtönen und 
öffnen sich in schnellem und weichem Übergänge nach den Lichtstellen hin. 
Fast alles ist in reiner Ätzung ausgeführt und nur wenige leichte Schatten sind 
mit der kalten Nadel nachgearbeitet. Trotz dem augenfälligen Mangel an tech 
nischer Routine in der Strichfuhrung und in der Verbindung der Arbeiten der 
Ätzung mit denen der kalten Nadel ist die malerische Wirkung ganz neu und 
frappant. Die Umrißlinien verschwinden, man sieht nur Massen von durch 
sichtig leuchtenden Schatten und von glänzenden Lichtern, die den Formen volle 
Rundung und Farbe geben. Nur von Correggio könnte man sich, wenn er 
radiert hätte, eine so malerisch freie und doch plastisch feste Behandlung vor- 
-stellen. In Italien hat sich bis auf Ribera keiner so vollständig von dem Zwange 
der Linien zu befreien vermocht. Diese zielbewußte Selbständigkeit in der Aus 
nutzung der Technik für seine malerischen Absichten gibt den Radierungen des 
zart empfindenden Poeten, der in seinen Gemälden Rembrandts Helldunkel 
vorausahnen läßt, eine nicht geringe Bedeutung. 
Wir können in diesem genialen Radierversuch Elsheimers leicht das Prinzip 
erkennen, das der sichere Grabstichel seines trefflichen Freundes Goudt zu einem 
-stecherischen System erweitert und durchgefiihrt hat. Wir begreifen nun auch, 
was den Niederländern unseren bescheidenen Künstler auch als Radierer so wert 
machte. Er gab in dem Wenigen, was er ausführte, reichste Anregungen. Er 
zeigte ihnen eine ganz neue, kühne Kombination der Radierlinien zu malerisch 
die Form umfließenden, durchsichtigen Schattentönen. Soutman und die anderen 
Rubensstecher, Van Dyck und die Holländer, vor allem Rembrandt, haben diese 
.Effekte auszunutzen und zu steigen gewußt.
	        
Waiting...

Nutzerhinweis

Sehr geehrte Benutzerin, sehr geehrter Benutzer,

aufgrund der aktuellen Entwicklungen in der Webtechnologie, die im Goobi viewer verwendet wird, unterstützt die Software den von Ihnen verwendeten Browser nicht mehr.

Bitte benutzen Sie einen der folgenden Browser, um diese Seite korrekt darstellen zu können.

Vielen Dank für Ihr Verständnis.