Volltext: Kupferstich und Holzschnitt in vier Jahrhunderten

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Rubens ist es auch hier gelungen, der alten Technik ganz neue, malerische 
Wirkungen abzugewinnen. Für seine Absicht, die stark tonbildenden, dekora 
tiven Qualitäten des damals schon sehr vernachlässigten und arg verwahrlosten 
Holzschnittes für die Wiedergabe seiner Kompositionen zu verwerten, fand er 
einen vortrefflichen technischen Helfer in Christoph Jegher, der, wahr 
scheinlich ein Deutscher von Geburt (1627/28 Meister in Antwerpen, gest. 
1652 oder 1653), seine Berühmtheit ganz der Arbeit für den großen Maler 
verdankt. Wie weit sein Verdienst dabei ging, wird sich schwer mehr feststellen 
lassen. Die systematische Gleichmäßigkeit der Strichbildung läßt aber darauf 
schließen, daß er nicht etwa Rubens’ Vorzeichnungen auf den Holzstock nur 
nachgeschnitten habe, sondern daß er dessen malerische Vorlagen selbständig 
für den Holzschnitt umzuzeichnen hatte. Die künstlerische Initiative wird ohne 
Frage von Rubens ausgegangen sein, der durch entsprechend vorbereitete Vor 
lagen und, wie Retuschen auf erhaltenen Probedrucken beweisen, auch durch 
ständige Beaufsichtigung die Arbeit des Technikers stilbestimmend leitete, wie 
denn auch die Blätter in seinem Verlage unter dem Schutze seiner Privilegien 
veröffentlicht wurden. Jegher war sicher nicht nur ein äußerst geschickter 
Formschneider, sondern auch ein feinfühliger Künstler, der den Absichten des 
Meisters mit Verständnis folgen konnte. Jedenfalls ist er der einzige gewesen, 
mit dem Rubens das Experiment der Holzschnittproduktion seiner Zeichnungen 
unternommen hat. Sein Stil hat auch keine Nachfolge gefunden. 
Jegher verbindet in geschicktester Weise den Nachschnitt der Feder 
zeichnungsstriche mit Effekten der Grabstichelkunst, doch immer so, daß, be 
sonders in den kräftigen Umrissen und in der Eckigkeit und Schärfe der Strich 
ränder, der Charakter der Technik, der Zug des Messers stark zur Geltung 
kommt und der Arbeit Ursprünglichkeit und Kraft bewahrt. Es ist keineswegs 
eine bloße Übertragung der Kupferstichtechnik auf den Holzschnitt, was 
Rubens und Jegher beabsichtigen, sondern die Erzielung besonders starker ma 
lerischer Kontraste durch die eigenen derberen Mittel des Holzschnittes. Nur 
erhält die Modellierung von den tiefschwarzen Schattenflecken zum Lichte durch 
wellig bewegte und sich verdünnende, kupferstichähnliche Linienbildungen 
und durch den Tiefen vorgelagerte schmale Streifen von Halbtonschraffierungen 
eine bis dahin unbekannte Weichheit und Farbigkeit. Nur Domenico delle 
Greche und Giuseppe Scolari haben die Holzschnittechnik mit ähnlicher Kühn 
heit behandelt und ihre mächtige Tiefenwirkung so auszunützen verstanden
	        
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