Volltext: Kupferstich und Holzschnitt in vier Jahrhunderten

Der effektsüchtige, illusionistische Stil der Raumdekoration, mit dem Giulio 
Romano in Mantua die edlen Meisterwerke Raffaels zu überbieten sucht, gibt 
einigen Mantuaner Stechern die Anregung zu einer energischen Weiterbildung 
der Marcantonschen Technik. Giovanni Battista Sculptor (geb. 1503, 
gest. 1575), der älteste dieser Mantuaner Stecherfamilie, die sich um Giulio 
Romano gruppiert, soll die reizvollen Stuckornamente im Palazzo del Te aus 
geführt haben. Nur etwa 20 Stiche, alle nach Zeichnungen Giulio Romanos 
oder in seinem Stile aus den Jahren 1534—1539 sind von ihm bekannt. 
Seine Stichelfährung, die an die spätere Marcantonsche Technik anknüpft, 
zeichnet sich durch Sorgfalt, Kraft und Glanz aus. Seine Tochter Diana 
Sculptor, die um 1588 starb, stach zuerst nach Giulo Romano in etwas 
trockenerer und weniger korrekter Manier, besonders ein großes Blatt nach 
Giulios Hochzeit der Psyche. Später ging sie nach Rom und reproduzierte 
Gemälde der damaligen Modemaler Raffaello da Reggio und Zuccari. Unbe 
deutender und kleinlicher ist die Art ihres Bruders Adamo Sculptor (um 
1566—1577 tätig), der sich den deutschen Kleinmeistern nähert. 
Zur Familie der Sculptor pflegte man früher auch Giorgio Ghisi (geb. 
in Mantua 1520, gest. ebenda 1582) zu rechnen, er scheint aber mit ihnen 
nur künstlerische Beziehungen gehabt zu haben. Er soll längere Zeit in Rom 
besonders als Waffengraveur tätig gewesen sein. Ghisi ist der vorzüglichste 
Interpret der Kunst Giulio Romanos geworden, dessen geschwollenen, skulptu- 
ralen Stil er, obwohl kein sehr sicherer Zeichner, mit seiner Technik vor 
trefflich wiederzugeben versteht (s. Abb.). Er strebt offenbar, die Großzügig 
keit der Marcantonschen Technik zu bewahren und sie dabei in der Detail 
behandlung zu verfeinern, die Modellierung durch Verdünnung und Zuspitzung 
der Linien und besonders durch Verwendung zahlreicher Punkte weicher und 
üppiger zu gestalten. Ohne Zweifel hat er hierfür manches den deutschen 
Kleinmeistern abgesehen. Außer zahlreichen Kompositionen Giulio Romanos 
hat Ghisi auch Raffaels Disputä und die Schule von Athen, das jüngste Gericht 
von Michelangelo auf 11 großen Platten gestochen, ferner nach Luca Penni, 
Perino del Vaga und nach seinem Bruder Teodoro Ghisi, der wie er selber 
Schüler Giulio Romanos gewesen ist. Ghisi ist auch in Antwerpen für den 
niederländischen Stecher und Verleger Hieronymus Cock, mit dem er in Rom 
erfolgreich in Wettstreit getreten war, tätig gewesen. 
Der letzte bedeutende Vertreter der in der Marcantonschule ausgebildeten
	        
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