Volltext: Kupferstich und Holzschnitt in vier Jahrhunderten

Blättern verfolgen. Pyramus und Thisbe (B. 322) ist 1505 datiert, die Nymphe 
mit dem Satyr (B. 319) vollendete er am 2. März (oder Mai?), Apollo und 
Hyacinth (B. 348) am 9. April, Venus am Meere (B. 312) am 11. September 150b. 
Die Linien werden kräftiger und klarer, die Töne tiefer und die Formen voller 
und runder (s. Abb. von B. 377). 
In die nächsten Jahre fallen dann die Reisen Marcantons nach Venedig 
und Florenz. Von seinem Ausfluge nach Venedig berichtet Vasari; für ihn 
legt auch die phantastische Darstellung (B. 359), die man den „Traum Raffaels“ 
nennt, in der aber vielmehr ohne Zweifel Gestalten Giorgiones wiedergegeben 
sind, Zeugnis ab. In Florenz muß sich unser Stecher vor seiner Übersiedelung 
nach Rom längere Zeit aufgehalten und in das Studium von Michelangelos 
Karton' der Schlacht von Pisa vertieft haben. Er hat nicht nur eine Gestalt aus 
diesem Werke schon damals gestochen und die Gruppe der „Kletterer“ für einen 
Stich, den er aber erst später, 1510 in Rom, ausgeführt hat, vorbereitet, er hat 
auch für den Mars in dem 1508 datierten prächtigen Blatte: [Mars, Venus und 
Amor (ß. 345) eine Gestalt Michelangelos benutzt. In die Jahre 1507—1509 
gehören noch einige andere Arbeiten der gleichen Stechweise, z. B. die kauernde 
Venus (B. 313), Apollo in der Nische (B. 333), Mars und Venus (B. 288) und 
andere mythologische Darstellungen. 
Die so errungene zeichnerische und technische Fertigkeit, seine bis dahin 
in Italien noch nicht erreichte Sicherheit und Kraft der Stichelführung, konnten 
Marcanton wohl den Mut geben, mit seiner Kunst im Mittelpunkte des Kunst 
lebens in die Schranken zu treten. 1509 oder 1510 scheint der Künstler nach 
Rom gekommen zu sein, wo mit seinem Auftreten eine neue Epoche in der 
Geschichte des Kupferstiches beginnt. Man führt gewöhnlich die Wandlung, 
die in Marcantons Stil seit dem Beginne seiner Tätigkeit in Rom eintritt, auf 
seine Beziehungen zu Raffael, dessen sozusagen offizieller Interpret er bald werden 
sollte, zurück. Es müssen aber vor seiner Annäherung an Raffael noch zwei 
andere Elemente bestimmend auf ihn eingewirkt haben. Technisch scheinen 
die Stiche des Lucas von Leyden sein leicht erregbares und äußerst schmieg 
sames Talent wieder auf neue Wege und Ziele aufmerksam gemacht zu haben. 
Er bemüht sich in seinen ersten römischen Arbeiten die feinere Strichfiihrung 
des Holländers, die Zartheit der Übergänge und den hellen, silbrigen Ton 
seiner Stiche nachzuahmen. Einen äußeren Beweis für sein eingehendes Studium 
der Werke des Leydenei Stechers liefert der Hintergrund in den „Kletterern“
	        
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