Volltext: Archäologie der Kunst [6, Hauptbd.] (Hauptb. / 1895)

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Klassische Kunstarchäologie. III. Angewandte Archäologie. 
wegungen plastische Gestalt, nachdem deren einige der Bühnenphilosoph 
in das Theater gebracht hatte. 1 ) Vorher herrschten im wesentlichen 
Schreckgestalten. Deimos und Phobos sind materiellere Apotropaia, 
welche Homer schon am Schild Agamemnons erwähnt (A 36 ff.); später 
tauchen sie da und dort auf. 2 ) Ihr weibliches Gegenstück ist die Eris, 3 ) 
eine geflügelte Schreckgestalt. 
Es ist kaum möglich, alle Personifikationen einzeln aufzuzählen, 
wir begnügen uns die wichtigeren Gruppen hervorzuheben. Mit Eros ist 
Hymenaios 4 ) verwandt, ein schöner Jüngling, der eben die Mannbarkeit 
erreicht hat; seine Kennzeichen beziehen sich auf den Hochzeitszug 
(Fackel 5 ) und Kranz) und die anbrechende Schlafenszeit. Der Altersstufe 
nach gehört er mit Hebe zusammen, welche man auch nur an ihrem 
Alter erkennt, 6 ) da sie, in den olympischen Götterkreis als Tochter Heras 
eingefügt, nur ausnahmsweise Flügel hat; 7 ) die Deutung ist daher oft 
unsicher. Zur Liebe gehört Peitho, 8 ) doch ist diese Frau nur in der Zu 
sammenstellung mit Aphrodite erkennbar. Statt der Moiren tritt seit Ale 
xander, als die Welt an der göttlichen Vorsehung zweifelte, die Tyche 9 ) 
auf. Aus ihrem Begriff geht einerseits der Vergleich mit dem Lenken 
eines Schiffes (Steuerruder, Schiffsschnabel) hervor, auch wohl die reiche 
Spende von Glück (Füllhorn u. dgl.) und die Begünstigung des Handels 
(Caduceus) ; sie läuft oder fliegt, weil sie unversehens kommt, 10 ) andererseits 
dreht sich das Glück wie eine Kugel 11 ) oder ein Rad. 12 ) Der Weltgang 
ist von mannigfacher Art: Den Kühnen unterstützt Nike, 13 ) welche meist 
Flügel hat, damit man das überirdische Wesen erkenne, vielleicht aber 
auch weil die Siegesnachricht sich rasch verbreitet. 14 ) Als Botin trägt die 
Göttin Reisestiefel 15 ) und loses dorisches Gewand, aus welchem bei der 
Bewegung das eine Bein hervortritt. 16 ) Weil der Sieg unbeständig ist, 
mag Nike wie Tyche auf einer Kugel stehen. 17 ) Man fasst Nike am liebsten 
Kopf im Profil phot.; Eros mit Bogen in 
Neapel: Phot. Sommer. 
T ) G. Körte, über Personifikationen psy 
chologischer Affekte in d. späteren Vasen 
malerei, Berlin 1874. 
2 ) Kypseloskasten Paus. 5, 19, 4; Ger 
hard, AV. T. 122 f.; B. 1877, 114 (vgl. AZ. 
1884, 289); Musöe Napoleon T. 69, 2 (vgl. 
Milchhöfer, Anfänge S. 77); beide am per- 
gamenischen Altar. Pallor mit gesträubtem 
Haar oder entsetzter Miene, auf römischen 
Münzen: Cohen, med. cons. XIX. Host. 2.8. 
3 ) Kypseloskasten; Vasen: Gerhard, 
Flügelgestalten T. 2, 5. 6; vgl. Paus. 5, 19, 1; 
Philostr. jun. 10; s. Wieseler, GGA. 1885, 
87 ff. oviov reqaq Alcm. 151. 
4 ) Schmidt, de Hymenaeo et Talasio, 
Diss. v. Kiel 1886; Sauer, Roschers Lex. 1, 
2808 f.; Philostratos, im. 1, 1. 
5 ) Dioskorides Anthol. 7, 407, 5. 
6 ) Kekule, Hebe, Lpg. 1867; Preller- 
Robert 1, 498 f. 
7 ) Schale des Sosias: Ant. Denkm. I 9. 
8 ) Zuerst bei Sappho 1, 18. 185. 
9 ) Schulz, A. 1839, 101 ff.; Roschers 
Lex. 1,1503 ff.; vgl. Dio Chrys. or. 64; Anthol. 
adesp. 428, 7; Hymnus auf Tyche. 
10 ) Galen. tiqoxqstix. 4; fliegend: Aeschyl. 
bei Stob. ecl. phys.; Hör. c. 3, 29, 53 f.; Lucian. 
Tim.-30. 
1 ') Auf einer solchen stehend: Galen, a. 
O. 2; Ovid. ex Ponto 2, 3, 56. 
12 ) Grab der Claudia Semne an der Via 
Appia. 
13 ) Fr. Wieseler, über Siegesgötter und 
-Göttinnen und deren Darstellung bei den 
Alten, 1871 ; G. Kieseritzky, N. in der 
Vasenmalerei, I. Dorpat 1876; P. Knapp, N. 
in d. Vasenmalerei, Tübingen 1876; Münzen: 
Imhoof, Wiener num. Ztsch. 1871, 1 ff. 
14 ) Appian. Mithr. 66 rj xs vUrj .... 
xcc%v dienxr}. Auf den raschen Siegeslauf 
bezieht Pacatus (Paneg. XII 39 a. A.) die 
Flügel. 
15 ) M. 2, 31 B; A. 8, 109 ff.; Bnap. I T. 3; 
Mem. de la soc. imp. d’arch. de St. Pdt. VI 
1, 1 ff. T. 2. 
16 ) Nike des Paionios S. 641. 
17 ) Oft auf Münzen z. B. von Thessalo- 
nike; Rad bei Nike: Turin Nr. 36 Dütschke.
	        
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