Volltext: Archäologie der Kunst [6, Hauptbd.] (Hauptb. / 1895)

Kap. X. Die griechisch-römische Zeit. (§ 852.) 
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oder eine andere Kunstgattung ’) übertragen sind. Viele nehmen an den 
viereckigen Gestalten Polyklets Anstoss, weshalb sie nur die Köpfe ihnen 
ablernen und entweder selbständige Büsten und Hermen schaffen * 2 ) oder 
einen polykletischen Kopf auf einen anders komponierten Körper setzen. 3 ) 
Bei dem vielgefeierten Myron (S. 599) stehen nur Kopien seines Diskoboi 
fest; 4 ) an seine Masse erinnern einige Köpfe. 5 ) Aus Plinius sehen wir 
jedoch, dass keiner dieser alten Meister in allem befriedigte; so kann das 
eklektische Verfahren nicht Wunder nehmen, z. B. hat eine Athletenstatue 
in Paris myronische Situation und polykletischen Kopf. 6 ) 
Nicht wenig andere Werke machen ungefähr den Eindruck von 
Arbeiten des fünften Jahrhunderts, weshalb sie als römische Kopien ver 
schollener Originale gelten. 7 ) Da sie aber ihrer Schule nach nicht sicher 
einzureihen sind, erkennen wir vorläufig in ihnen eine Kunstrichtung der 
Kaiserzeit. Hier begegnen uns auch einige Namen von Künstlern, nach 
den eigenen Inschriften einer Clique begeisterter Schülerschaft. Einen 
Schüler des Pasiteles nennt sich Stephanos, dessen Lehre sich wiederum 
Menelaos rühmt, ein Freigelassener des M. Cossutius. 8 ) Ein Genosse war 
wohl auch M. Cossutius Cerdo, der Meister von zwei jugendlichen Panen, 
deren Motiv öfter wiederkehrt. 9 ) Bei Stephanos also ging wieder Me 
nelaos, der Schöpfer der ludovisischen Gruppe (Ephebe von seiner Mutter 
oder älteren Schwester umarmt) in die Schule. 10 ) Nur von Pasiteles sagt 
Plinius etwas Näheres; er war im griechischen Unteritalien geboren, ein 
Zeitgenosse des Pompejus, Künstler und Kunstschriftsteller zugleich, der 
aber nicht bloss Akademiker war, sondern z. B. wilde Tiere nach dem 
Leben modellierte. Die frühere Anschauung, dass Pasiteles und seine 
Schule dem Eklektizismus huldigten, n ) dürfte nicht mehr ganz haltbar 
sein; aber auch die neuere Ansicht, sie hätten schlechtweg kopiert, dürfte 
zu weit gehen. Verwandte Erscheinungen finden sich in selbst abgelegenen 
Teilen des römischen Reiches, wie in Südrussland. 12 ) Jene Figuren der 
Pasitelesschule gehören teilweise zu einer nicht unbedeutenden Gruppe 
von Jünglingsstatuen und Köpfen, welche manchmal apollinische Attribute 
bei sich haben. 13 ) Wir nennen dann die Dornauszieherfiguren (S. 603 f.) 
ryphoros, in Paris: abg. Ath. Mitt. 8,12; Dio 
nysosstatue aus der Hadriansvilla M. XI 51, 
Wolters 520; sog. Achill in der Villa Al- 
bani, nach dem Doryphoros; „Diomedes“ in 
der Glyptothek; Antinoos in Neapel. 
9 Figur in einem spartanischen Relief: 
AZ. 41, 227 f. T. 18, 2. 
2 ) Bronzeherme des Apollonios: Bronzi 
d’Erc. I T. 45. 46 S. 161 ff.; Phot. Sommer; 
Herme eines Paniskos in der Villa Bor 
ghese: Wolters 521; Aresbüste in Dresden 
Nr. 266. 
3 ) Benndorf u. Schöne, lateran. Museum 
S. 80. 
9 Die Londoner (Nr. 250) stammt aus 
der Hadriansvilla. 
5 ) Jünglingskopf im Palazzo ßiccardi: 
Heydemann, Mitteil. T. 6 (Wolters 458); des 
gleichen aus Rom: Wolters 460. 
6 ) A. 46, 51 ff. T. L. 
7 ) Vgl. bes. Furtwängler’s „Meister 
werke“ (S. 421). 
8 ) Kekule, die Gruppe des Künstlers 
Menelaos, Lpg. 1870 m. 3 T.; Conze, Bei 
träge zur Gesch. d. griech. Plastik, Halle 
1869; Inschriften: Löwy 374—5. Figur des 
Stephanos: Wolters Nr. 225. 
9 ) Löwy 376; Phot. Bruckm. 47; über 
das Motiv Furtwängler, A. 1877, 202; 
Hauser, neuattische Reliefs S. 186, 2. 
10 ) Phot. Bruckm. 309; Wolters 1560; 
die Köpfe: Arndt-Bruckm. Einzelverk. 258 
—61. 
n ) Brunn, griech. Künstler 1, 599 f. 
12 ) Weibliche Porträtstatue: Ant. du 
Bosph. Cimm. Titelbild I zu S. 5 (Reinach 
S. 39). 
l:; ) Bronzefigur aus Pompeji in Neapel: 
46 *
	        
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