Volltext: Archäologie der Kunst [6, Hauptbd.] (Hauptb. / 1895)

Kap. IX. Die dritte hellenistische Periode: Königszeit. (§ 841.) 683 
Griechenland. Die syrische Eigenart wird unterdrückt und nur die Juden 
setzen den „Hellenen“ hartnäckigen Widerstand entgegen, bis Herodes der 
Grosse in Wettkampf mit der Pracht der Seleukiden eintrat; 1 ) doch dies 
gehört in die nächste Periode. Unter den Fremden befanden sich natür 
lich auch Künstler. Wir fanden den Lysipposschüler Eutychides für Anti 
ochien thätig (S. 669); der Apollo von Daphne war ebenfalls fremde Arbeit. 
Mehrere Rhodier sind in Syrien beschäftigt. * 2 ) Einige Künstler geben kurz 
weg Werke des fünften Jahrhunderts wieder: Ein pheidiasischer Zeus 
stand im Olympieion zu Daphne 3 4 ) und eine pheidiasische Athena kommt 
auf mehreren Münzen vor; 1 ) gerade in Syrien werden Kopien älterer 
Werke erwähnt. 5 ) Ferner erbeutete C. Sosius 38/37 v. Chr. in Ivilikien 
oder dem eigentlichen Syrien die berühmte Gruppe der Niobe und 
ihrer Kinder. 6 ) Wahrscheinlich schmückte sie den Giebel eines Apollo 
tempels, wobei die hohe Gestalt der Mutter den mittelsten Platz einnahm. 7 ) 
Über den Künstler vermuteten nach Plinius manche Kunstkenner, es sei 
Praxiteles oder (sic) Skopas gewesen. Da in römischer Zeit, wie der Tempel 
von Luna jetzt bewiesen hat, diese Gruppe mehrfach zum Tempelschmucke 
verwendet wurde, sind Marmorwiederholungen erhalten, besonders die 
zwölf 1583 in der Nähe des Laterans gefundenen Statuen, welche jetzt 
den Niobidensaal in Florenz füllen, und einzelne 'Figuren anderer Wieder 
holungen. 8 ) Sie werden genügen, um einige Hauptpunkte der Auffassung 
festzustellen. Der Künstler denkt über das Verhältnis von Menschen und 
Göttern euripideisch: Wir bemitleiden seine Menschen und begreifen die 
Härte der Götter nicht. Er schildert körperlichen Schmerz und, am an 
schaulichsten in der jüngsten Tochter, die den Körper durchzuckende 
Angst, dazu, was noch mehr das Mitleid erweckt, Leid und Bangen um 
andere. 9 ) Darüber vergisst der Bildhauer den malerisch-sinnlichen Reiz 
nicht. Die sterbende Tochter ist ohne Grund tief entblösst und, während 
die antike Kunst unmündige Mädchen bekleidet zu lassen pflegt, trägt die 
jüngste ein durchsichtiges Gewand, vielleicht hat sogar der Künstler ein 
Modell mit einem feuchten Hemd bekleidet. 10 ) Ist es auch mehr als ein 
Zufall, dass Götter auf Münzen von Antiochos IV. und Alexandros 1. 11 ) 
die Stellung des Apollo von Belvedere haben? Auf diese kommt ja 
J ) Über eine angebliche Marmorstatue 
des Moses s. Diod. 84, 1, 3. 
2 ) Timocharis: Löwy 167; Hermokles: 
Lucian. dea Syr. 26. 
3 ) Ammian. 22, 13, 1; Justin. 39, 2, 5. 
4 ) Unter Antiochos VII,: Mionnet, descr. 
VIII T. 14, 1; besser Michaelis, Parthenon 
T. 15, 27; Hubee, Num. Ztsch. 3 T. 5, 10; 
in Kilikien: Num. comm. T. Y XXII (statt 
Säule Baum), ähnlich Aphrodite von Bery- 
tos: Ath. Mitt. 10, 27 ff. T. 1. 
5 ) Joseph, ant. 20, 212 (unter Nero). S. 
die Terrakotte AA. 1891, 25 m. Abb. 
6 ) Plin. 36, 28; vgl. über den Tempel 
des Sosius Gaedthausen, Topographie II 
121 A. 13. Eine Niobidendarstellung fand 
sich in Sidon: Renan, mission T. 42, 10. 
7 ) Als Giebelgruppe restaurierte sie schon 
Cockeeell auf einem Kupferstich (verkleinert 
R. galleria di Firenze s. IV, 2 T. 76); siehe 
auch dens., congetture sopra le statue d. 
favola di Niobe, Pisa 1821, m. 17 T. Jeden 
falls war Niobe nur von vorne zu betrachten. 
8 ) Staek, Niobe und die Niobiden, Lpg. 
1863; Woltees Nr. 1247 ff. Vgl. F. Gen 
sichen, de Niobidarum compositione, Berlin 
1869; A. Mayeehöfee, die Florentiner Niobe 
gruppe, Pr. v. Bamberg 1881; H. Ohleich, 
die Florentiner Niobegruppe, Diss. v. Jena, 
Berlin 1888. 
9 ) A. Teendelenbueg, Betracht, über das 
Schöne und Erhabene, Berlin 1846; Meez, 
das ästhetische Formgesetz der Plastik 
S. 161 ff. 
10 ) Missieini, vita di Canova p. 320 f. 
n ) Brit. Mus. cat. Seleucids T. 13, 1. 16, 
14. 17, 1 (Zeus mit Donnerkeil in der Hand).
	        
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