Volltext: Archäologie der Kunst [6, Hauptbd.] (Hauptb. / 1895)

Kap. VII. Die erste hellenisierende Periode: Erringung der Freiheit. (§ 886.) 623 
kyprische Schrift bleibt im Gebrauch und auf den Münzen wiegen orienta 
lische Motive vor. Dagegen empfindet die statuarische Plastik den Frei- 
heitsgeist; die alten Typen (S. 500 f.) lockern sich 1 ) und es entstehen manche 
nicht üble Kalksteinarbeiten. * 2 ) Die zeichnenden Künste erwecken vor 
läufig keinen günstigen Begriff von dem damaligen Betriebe. 3 ) Der Stein 
bau greift um sich, falls wir die schön geschmückten Lilien- und Sphinx 
kapitelle dieser Zeit zuweisen dürfen. 4 ) 
Phönizien und seine Hinterländer weisen gleichfalls in den Münz 
bildern eine Zersetzung des strengen Stiles auf; man wird daher einige 
Reliefs 5 ) und Steindekorationen 6 ) hier einreihen dürfen. Starrer bleiben 
die Elfenbeinarbeiten. 7 ) Kilikien, wo die aramäische Schriftsprache herrscht, 
hat nur wenig stärkere hellenische Elemente. 
336. Die Länder jenseits des Euphrats bilden den eigentlichen Kern 
des persischen Reiches, indem sie die Residenzstädte enthalten. Hier ent 
steht aber die Frage, ob es eine persische Kunst gegeben habe. Die 
Perser waren nach allen älteren Angaben ein kriegerisches Volk, welchem 
Wissenschaften und Künste fernlagen. Ihre Theologie kam von Osten, 
die Schrift von Westen, die feinere Tracht aus Medien, während sie selbst 
nichts erfanden. Dies hatten sie auch gar nicht nötig, denn es war persischer 
Grundsatz, dass man aus den besiegten Ländern die geschicktesten Leute 
zum König brachte, um für ihn zu arbeiten. 8 ) Welche Gebiete des Reiches 
waren aber nun die arbeitenden? Ziehen wir wieder Herodots Heeresliste 
(7, 61 ff.) zu Rate, so scheiden sich sofort zwei Hauptgebiete. Die Ara- 
mäer (d. h. Babylonier und Syrer) samt den Phöniziern erscheinen mit 
den Hilfsmitteln der Mittelmeerkultur ausgerüstet, wogegen Perser, Meder, 
Kissier, Hyrkanier und die Osteranier ihrer Bewaffnung nach halbe Bar 
baren sind und von den Westländern nur die buntgewirkten Kleiderstoffe 
angenommen haben. 9 ) Ebenso scheint die Münzprägung im Westen zu 
Hause gewesen zu sein; auch war nicht die persische, sondern die ara 
mäische Sprache im offiziellen Gebrauche am verbreitetsten. Aus allem dem 
folgt klar, dass wir angesichts der Königsbauten von Persepolis und Susa 
nicht von persischer Kunst in nationalem Sinne reden dürfen, sondern 
dass königlich persische Hofkünstler jene Arbeiten ausführten. Schmückten 
doch sogar griechische Arbeiten die Residenzen; aus dem Königsschatze 
von Sardes und den griechischen Heiligtümern wanderten ja Statuen und 
kostbare Geräte als Beute heim, der Samier Mandrokles baut dem Dareios 
die Meerbrücke und ein ausgezeichnet begabter Thessalier bildet für ihn 
und Xerxes (S. 600). Wie die Arbeiter, so kam alles bessere Material, 
0 Z. B. Ohnefalsch-Richter T. 49, 1. 
3. 6. 51, 11. 12; Perrot III 588. 404. 
2 ) Perrot III T. 1, 8 (Jünglingskopf); 
Bruckm. Phot. 208, 2 (bekränzter Mann mit 
Taube). 
5i ) Votivrelief in Idalion: The Owl T. 5,4. 
4 ) Perrot III F. 51-56. 
5 ) Stele des Jehawmelek (ähnlich dem 
«persischen“ Stil): Perrot III F. 28; von 
Tyros: Perrot F. 805; ?aus Gebeil: Renan, 
mission T. 20. 
6 ) Perrot III F. 48, ähnlich 68. 
7 ) Statuette des Louvre: Perrot III 
F. 281. 
8 ) Xen. comm. 4, 2, 88. 
9 ) Die Perser tragen auch künstliche 
Stirnlöckchen (Ps. Arist. oecon. 2, 2,14).
	        
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