Volltext: Archäologie der Kunst [6, Hauptbd.] (Hauptb. / 1895)

Kap. IV. Sammlungen und Museen. (§ 18.) 
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Einen Einblick in die Sammlungen der griechischen Tempel, für welche 
im Bedürfnisfall eigene Schatzhäuser (Dr^aav^ot in Olympia und Delphi) oder 
Bronzemagazine (xcdxoDrjxcu, in Athen und Delos) erbaut wurden, erhal 
ten wir, da die Bruchstücke der Periegeten zu geringfügig sind, nur durch 
Inschriften, welche in ziemlicher Anzahl vorhanden sind; sie bestehen 
zum grösseren Teile aus den Extraditionsprotokollen der abgehenden Be 
amten, zum kleineren aus wirklichen Inventaren und Accessionsverzeich- 
nissen. 
Litteratur: Newton, die griech. Inschr. übers, v. Imelmann S. 86—48; Homolle, 
Bch. 6, 1—167 (über die delischen Abrechnungen); Studniczka, Vermutungen zur griech. 
Kunstgeschichte S. 18 ff.; Swoboda, Wiener Studien 11, 65 ff. Die archäologische Ver 
arbeitung dieser wichtigen Inventare ist noch sehr im Rückstand. Vgl. auch Cicl Verr. 4, 
140; Diod. 14, 27, 4. 
13. Bei der grossen Menge der Gelegenheitsfunde konnte es dem 
Mittelalter, der natürlichen Fortsetzung des Altertums, nicht an Samm 
lern fehlen. Wurden auch die meisten Metallgegenstände eingeschmolzen, 
so hob man doch anderes sorgsam auf. Die römischen Gläser z. B. wurden 
bei den Franken aus technischen Gründen gesammelt; 1 ) Silbergefässe und 
vielleicht auch andere schöne Yasen kamen nach Recitation der „oratio 
super vasa in loco antiquo reperta“ 2 ) in die Silberkammer von Fürsten und 
Prälaten. 3 ) Geschnittene Edelsteine und Elfenbeinschnitzereien wurden in 
Kirchen- und Regentenschätzen gehütet und Reliquiarien (wie das Grab 
der hl. Elisabeth in Marburg und der Reliquienkasten der hlg. drei Könige in 
Köln) zu Daktyliotheken gemacht. 4 ) Auch Münzen von schönem Gepräge 
müssen geschätzt worden sein, da sie nicht etwa bloss hin und wieder 
kursierten, 5 ) sondern gleich den Gemmen unter Otto III. und Friedrich II. 
nachgebildet wurden. 6 ) Skulpturen, besonders Grabsteine und Sarkophage 
zierten kirchliche Bauten, je nach ihrer Beschaffenheit eingemauert oder 
an den Wänden aufgestellt, wie am Dom von Siena und im Campo Santo 
von Pisa. 7 ) Zu einem solchen Zweck wird Henry v. Blois (1129—1171 
Bischof von Winchester) in Rom antike Statuen gekauft haben 8 * * ) Auch 
9 Theophilus, schedula II 12. 
2 ) „Omnipotens sempiterne Deus, insere 
te officiis nostris et haee vascula arte fabri- 
cata gentilium sublimitatis tuae potentia ita 
emundare digneriSj ut omni immunditia de- 
pulsa sint tuis fidelibus tempore pacis atgue 
tranqiiillitatis utenda 11 . (In den Sacramen- 
tarien des 8. und 9. Jahrhunderts im west 
lichen Deutschland, Frankreich und der 
Schweiz). 
3 ) Theodulphus z. B. beschreibt ein Sil- 
bergefäss mit den Thaten des Hercules. 
4 ) Pipee, Symbolik und Mythologie 1, 
1, 59 ff., 508; Wright, Archaeologia 80, 
488 ff.; Elisabeth: Fr. Creuzer, zur Gem 
menkunde. Antike geschnittene Steine vom 
Grabmahl der hl. El., Lpg. 1834 = kleine 
Schriften 2, 3, 339 ff.; Köln: W. V(ogel), 
Sammlungen der prächtigen Edelgesteinen, 
womit der Kasten der dreyen Weisen Köni 
gen im Dom zu Köln ausgezieret ist, Bonn 
1781, m. Abb.; aus dem Kirchenschatze von 
St. Denis stammt unter anderem eine grosse 
Camee in der Pariser Bibliothek. 
5 ) Correspondenzblatt f. Anthrop. 1891 
S. 53. 
6 ) S. auch Dannenberg, Brakteaten 
1179 a, und Mittelaltermünzen, Frankf. Hess 
1879 Nr. 431; Gemmen: Wiggers, Mittheil, 
des thüring. Vereins VII H. 4 S. 1—26. 
7 ) Eingemauert: schon am Anfang des 
7. Jahrhunderts zu Bregenz, Walafrid Strabo 
vita S. Galli c. 6; in Altenkirchen auf Rügen, 
Ende des 12. Jahrh. (Kugler, Pommersche 
Kunstgesch. S. 10 f.); s. auch Delaborde, 
la gravure en Italie p. 273 ff.; Siena: Ga. 4, 
15 f. mit T. 5; Pisa: s. S. 42; Verona: 
Dütschke, ant. Bildwerke in Oberitalien IV 
S. XVIII f. 
8 ) Mon. Germ. XX p. 542 (Michaelis, 
ancient marbles p. XXI); unter Friedrich I. 
soll der Kardinal Orsini Sammler gewesen 
sein (Raumer, Hohenstaufen VI 2 682). 
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