Volltext: Archäologie der Kunst [6, Hauptbd.] (Hauptb. / 1895)

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Klassische Kunstarchäologie. II. Geschichte der alten Kunst. 
vertreten ist ! ) (ein Zeichen der bescheidenen Vermögensverhältnisse 
der Griechen), kommen die Malereien auf Thon desto häufiger vor und 
zwar nicht bloss für Votive, die an den Bäumen der Haine schaukelten, 
oder an den Wänden hingen, * 2 ) sondern auch um in das Grab mitgegeben 
zu werden, wo sie die treue Erfüllung der Begräbnisgebräuche durch die 
Zurückgebliebenen abmalten. Alles ist nur Skizze in schwarzer Farbe. 
Für den Massenbedarf sind die kleinen Bildchen des Poseidon, der Amplii- 
trite oder solche von Scenen aus dem Leben des Weihenden gefertigt, 
deren man viele in dem isthmischen Heiligtum fand. 3 ) Um eine Stufe 
höher stehen die Votivtafeln des Athenetempels der Akropolis; 4 ) die athe 
nischen Grabtafeln von 37—70 cm. Höhe stellen Totenklage und Begräb 
nis dar. 5 ) Diese sehr bescheidenen Leistungen, deren Stil wir später in 
grösserem Zusammenhänge behandeln, müssen doch zu ihrer Zeit etwas 
gegolten haben, da verhältnismässig viele Maler ihren Namen beisetzten. 
So kennen wir den Korinthier Timonidas 6 ) und die Athener Skythes, Pa- 
se(i)as und Euphiletos. 7 ) Die antike Kunstgeschichte hatte selbstverständ 
lich kein besseres Material; 8 ) die Malernamen, welche sie nennt, 9 ) waren 
eben auch Votivtafeln beigesetzt. Nicht zufrieden damit, konstruierten 
die Ästhetiker eine Entwicklungsgeschichte der Malerei, je nach der Stufe, 
welche die verschiedenen Techniken einnahmen. Von der blossen Kontur 
sei man zur Zeichnung mit Innenlinien vorgeschritten; Bilder mit einer 
Farbe wurden durch vierfärbige abgelöst und das naturwahre Kolorit 
bildete den Schluss. Für jede dieser Stufen weiss Plinius einen Namen, 10 ) 
d. h. sein Gewährsmann kannte ein signiertes Bild in der betreffenden 
Technik. Über die Zeitfolge war nichts bekannt, nur Herodot 1 [ ) gibt 
einen schwachen Fingerzeig, wenn er erzählt, dass die vor Kroisos fliehen 
den Phokäer unter anderem auch die Votivtafeln mitnahmen. Die ganze 
erste Periode der Malerei erregte nur ein antiquarisches Interesse; für die 
Kunstfreunde ging die Geschichte erst mit Polygnot 12 ) und Kimon 13 ) an. 
0 Vielleicht Schöne, Reliefs T. 19, 84; 
(Athene in Anslagestellung). 
2 ) Erst er es abgeb. auf Vasen: Raoul- 
Rochette, lettres archöol, 1, 153 ff.; Bötti 
cher, Baumkultus T. 1; letzteres Horat. c. 
3, 26, 5 f. 
3 ) Ratet, Ga. 6, 101 ff. m. Abb.; A. 1882 
T. U 1. 2; Collignon, Mon. grecs 1882—84 
Nr. 11 —13 p. 22 ff. (mit Bibliographie); Ant. 
Denkm. I T. 7. 8; Rayet et Collignon, cöra- 
mique gr. S. XIV f. 142 ff.; Wilisch, alt 
korinthische Thonindustrie, Lpg. 1892 S. 31 ff.; 
Wormstall, de Corinthiacis tabellis fictilibus, 
Münster 1890; unter den Täfelchen befindet 
sich eines mit sikyonischer Inschrift (Wilisch 
S. 170 f.). 
4 ) Bruchstück aus Eleusis: °Ea. 1885 T. 
9, 12 Sp. 178 f., vgl. Jahrb. 1,91. Empedokles 
spielt auf Votivtafeln an (V. 308 f. St.). 
5 ) ’Ea.. 1885 T. 3; Benndorf, griech. u. 
sic. Vasenbilder S. 16 zu T. 1 u. J Ed. 1887 
Sp. 115 ff. m. T. 2. 6; Furtwängler, Verz. 
d. Berl. Vasensamml. 1, 315 ff.; Ant. Denkm. 
II T. 9-11; AA. 1893 S. 196 m. Abb.; Ath. 
Mitt. 13, 228; Ga. 13, 225; ’Ed. 1888, 181 ff. 
T. 11. 
6 ) Röhl, Inscr. Gr. ant. 20, 1. 
7 ) Klein, griech. Vasen mit Meistersigna 
turen S. 2 48 f. (O dürfte ein Spitz 
name sein). 
8 ) Das Schlachtenbild, welches Bularchos 
für Kandaules gemalt haben soll (Plin. 35, 
55), beruht anf der unzureichenden Autorität 
des Xanthos. 
9 ) Plin. 7, 205. 35, 16. 56; Athenag. le- 
gatio 14. 
10 ) 35, 56 ff. Eumares von Athen unter 
scheidet „zuerst“ die Geschlechter, d. h. er 
gibt den Frauen weisse Hautfarbe wie die 
Maler der schwarzfigurigen Vasen. 
n ) 1, 164. Themistokles erneuert die 
Bilder in einer Waldkapelle (Plut. Them. 
1 a. E.). 
12 ) Nach Theophrast war er der erste 
Maler (Plin. 7, 205). 
13 ) Robert, arch. Märchen S. 128 setzt 
Kimon in das 7. Jahrhundert; s. dagegen 
Studniczka, Jahrb. 2, 156 ff.
	        
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