Volltext: Archäologie der Kunst [6, Hauptbd.] (Hauptb. / 1895)

524 
Klassische Kunstarchäologie. II, Geschichte der alten Kunst. 
Gott der Feuerarbeit. Hephaistos fertigt mit seinen selbsttätigen Blase 
bälgen alle Metallarbeiten für die Götter und begünstigte Sterbliche, ver 
steht sich aber auch, wie die Pandorasage zeigt, auf Thonbildnerei; er ist 
der Schutzpatron der Metallarbeiter. Sein Kult hat die Verehrung des 
Prometheus, Palamaon und Kedalion zurückgedrängt. Dem Hephaistos 
tritt Athene an die Seite, welche nicht bloss die kunstfertigen Frauen, 
sondern auch die Töpfer, die überdies den Heros Kerameus über sich 
haben, verehrten; sie gibt zu aller zarteren Arbeit, z. B. in Gold, ihren 
guten Bat. 1 ) Mit Hephaistos wechselt Daidalos an manchen Orten; ihm 
schreibt man auch die Arbeiten in Stein und Holz zu. Alle Quellen, die 
dem vierten Jahrhundert vorangehen, setzen ihn ohne Ausnahme in die 
Heroenzeit * 2 ) und betrachten ihn als Heros und Verfertiger wunderbarer 
Werke. Erst der Bationalismus der Philosophen 3 ) macht ihn zu einem 
geschichtlichen Künstler und legt die mythologischen Fabeln verstandes- 
mässig aus, w T orin ihnen ein Teil der neueren Archäologen gefolgt ist. In 
der Verehrung dieser höheren Wesen haben die Künstler vereint mit den 
Handwerkern einigen Zusammenhalt. Handwerksmässig müssen wir uns 
auch ihr Leben und Treiben denken; sie nehmen grosse Arbeiten in 
Akkord und teilen sich bei bedeutenderen Sachen in die Arbeitslose. 4 ) 
Zumal Brüder betreiben gerne ein Kompagniegeschäft. 5 ) Der Staat be 
freite die Kunst von der Polizeiaufsicht keineswegs; die Luxusgesetze, 
z. B. Solons, welche den Gräberluxus einschränkten, schmälerten auch den 
Künstlern ihr Einkommen. Manchen Ortes unterlagen die Bilder der 
Sittenpolizei. Noch fester als Polizeivorschriften leitet die Volksmeinung 
die Künstler. Schon in den homerischen Gedichten wird der schönste 
Mann des achäischen Heeres ausdrücklich genannt; der schönste Knabe, 
die schönste Frau im Lande wird ausgezeichnet. 6 ) Konsequenter Weise 
verlangte jeder von dem Künstler, dass er nicht diese oder jene Person 
kopiere, sondern eine tadellose Schönheit aufsuche und, wenn ihm dies 
nicht gelinge, aus dem Kopfe eine solche zusammensetze. Daraus folgte, 
dass man nicht nach Modellen arbeitete, sondern aus den einzelnen Formen, 
die man sah, ein ideales Bild zusammensetzte; bei dieser Methode musste 
es lange dauern, bis alle Einzelregeln in der Hauptsache richtig gefunden 
waren und ein harmonisches Ganze bildeten. 
324. Die statuarische Plastik hatte ungefähr dieselben Aufgaben 
wie im Orient. Nur allmählich freilich kamen menschenähnliche Götter 
bilder, wie sie von Babylonien ausgegangen waren, in den heiligen Baum 
der Tempel; denn die Hellenen verehrten ursprünglich Steine, spitze Pfeiler, 
und andere Symbole der Gottheit. 7 ) Zunächst folgten die gewöhnlich Idole 
J ) Od. £233 = i// 159. 
2 ) II. 2 591 f.; Musaios bei Schol. Pind. 
Ol. 7, 66 u. Philod. n. evasß. 59; Pindar. 
Nem. 4, 59; Eur. Here. 469; Name des De 
mos JaitfccM&ou. 
3 ) Zuerst Plato Hipp. maj. 282 a (aber 
noch reserviert). 
4 ) Löwy, Inschriften 88. 110. 185. Anek 
dote über den Laokoon; Gruppen: z. B. die 
Tyrannenmörder des Kritios und Nesiotes; 
Paus. 10, 9, 5. 8. 10, 4. 18, 7. 10; Löwy, In 
schriften 80. 88. 98. 
6 ) Anekdote bei Diodor 1, 98; die Stele 
von Sigeion machten „Haisopos und seine 
Brüder a . 
6 ) Pausan. 7, 24, 2; Paradox. Yatic. 62, 
4; Kalhoxeca auf Lesbos: Tümpel, Philol. 50, 
566 ff.; daher die 72. Fabel des Babrios. 
7 ) Overbeck, Ber. d. sächs. Ges. 1864, 
121 ff. (er nennt sie anikonisch).
	        
Waiting...

Nutzerhinweis

Sehr geehrte Benutzerin, sehr geehrter Benutzer,

aufgrund der aktuellen Entwicklungen in der Webtechnologie, die im Goobi viewer verwendet wird, unterstützt die Software den von Ihnen verwendeten Browser nicht mehr.

Bitte benutzen Sie einen der folgenden Browser, um diese Seite korrekt darstellen zu können.

Vielen Dank für Ihr Verständnis.