Volltext: Archäologie der Kunst [6, Hauptbd.] (Hauptb. / 1895)

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Klassische Kunstarchäologie. I. Denkmälerkunde. 
aus christlichen Zeiten stammen, 1 ) und auch die verborgenen Eingänge 
mancher Gräber bestätigen indirekt die bedrohte Lage der Toten. In den 
Friedhöfen verödeter Städte wühlten Eroberer und neue Kolonisten. 2 ) 
Selbst Fürsten waren vor ihren Nachfolgern nicht sicher. 3 ) König Theo- 
dorich spricht sogar seine merkwürdigen Grundsätze unverhohlen aus: 
„Aurum sepulcris juste detrahitur, ubi dominus non habetur; immo culjpae 
genus est inutiliter abditis relinquere mortuorum ; unde vita potest sustentari 
viventium u ; nur Leichenschändung und private Öffnung der Gräber ver 
bietet er. 4 ) 
Unter diesen Umständen sind die Gräber häufiger erbrochen, als un 
versehrt, alles wertvolle geraubt, das Zerbrechliche oft in Stücken. 5 ) Doch 
zeigt letzteres nicht immer einen Leichenraub an. Denn manchmal wur 
den die thönernen Gefässe schon von den Hinterbliebenen zerschlagen, 
damit der Tote nicht wiederkehre, 0 ) oder sie waren an der Wand an eiser 
nen Nägeln aufgehängt, welche dann vom Rost zerfressen wurden. 7 ) Daher 
finden sich selbst in den bestverwahrten Gräbern (z. B. in Unteritalien 
und zu Aquileja) Scherben vor, deren Bruchstellen dann natürlich nicht 
frisch aussehen. Auch wenn Terrakottafiguren so oft zerbrochen aus den 
Gräbern kommen, tragen nicht immer die grabenden Arbeiter die Schuld 
daran. 8 ) 
Einen lehrreichen Überblick des bunten Inhaltes der Gräber geben 
das Werk des Baron v. Stackeiberg: „Die Gräber der Hellenen“ (Berlin 
1836—37) und die Sammlungen des Museo civico in Bologna. Leider wird 
der Inhalt von Gräbern selten veranschaulicht wie der der Särge bei Stackel- 
berg a. 0. T. 8 und in der Revue archeologique I T. 12 (S. 388 ff.). Bei Massen 
funden von Gräbern sind die zwei Klassen der Nekropolen (Friedhöfe, 
häufig an einem der Stadt gegenüberliegenden Berge angelegt) und der von 
den Stadtmauern ausgehenden Gräberstrassen (wie vor dem athenischen 
Dipyl'on und den Thoren Roms) zu unterscheiden; „Reihengräber“ dagegen 
scheint erst der germanische Staat zu kennen. Familiengräber sind in 
der Regel längere Zeit hindurch benützt worden (S. 17), so dass sich die 
Funde verschiedener Zeiten mischen. 
Endlich verdienen einige seltene Fundstellen Erwähnung. Das trü 
gerische Meer hat zwar schon mehr als einmal die Hoffnungen der Schatz 
sucher getäuscht, sogar die Meerenge von Salamis, während der Xerxes- 
kanal am Athos wenigstens einen Schatz von Golddareiken lieferte. Dafür 
3 Oskar Teeubee, Beiträge zur Gesch. 
der Lykier, 2. T. Tübingen 1888; Vogüe, 
le temple de Jerusalem p. 182 f.; christ 
liches in den Epigrammen des Gregor von 
Nazianz und bei Gatti, Röm. Quartalschr. 6, 
266 ff. 
2 ) In den cäsarischen Kolonien Korinth 
(Strab. 8 p. 881 § 23) und Capua (Suet. Caes. 
Si). 
3 ) Bekannt ist die Sage über Kyros’ 
Grab; Davids Grab unter Herodes: Joseph, 
ant. 16, 181; daher richtet sich der sidoni- 
sche König Eschmunazar gegyn leichen- 
schänderische „Edle“. 
4 ) Cassiod. var. 4, 34. 18. — Spätere 
Verordnung gegen Grabräuber bei Zappeet, 
Sitzungsber. der Wiener Akademie 1850 II 
S. 794 f. 
5 ) Z. B. B. 1878 p. 28; A. 1879 p. 135; 
Megara Hyblaia und Bologna: M. inediti I 
Sp. 767 A. 1. 
6 ) Sal. Reinach, Amer. J. 4, 415 Anm. 
10; Prop. 5, 7, 34; Deutscher Aberglaube: 
Philol. 33, 336 f. A. 3. 
7 ) Ross, Inselreisen 2,18; Phineusschale 
in Würzburg. 
8 ) Reinach a. 0.; Bch. 6, 406 f. 10, 322.
	        
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