Volltext: Archäologie der Kunst [6, Hauptbd.] (Hauptb. / 1895)

Kap. X. Die eigentlichen Künste. (§ 800.) 
415 
geringe Grösse nur genrehafte Bilder konzipiert werden; dagegen dürfte 
die Masse der übrigen Statuetten wenigstens im Hauptmotiv von grösseren 
Werken entlehnt sein. Mit Rücksicht auf den menschlichen Körper unter 
scheiden wir Statuen und Büsten oder Hermen (.Eqixcci). Stellen diese 
eigentlich nur einen mit einem Kopf geschmückten Pfeiler dar, so sind die 
Büsten (Tcqoro^ccL) eine Abstraktion oder eine Abbreviatur. Sie entstehen 
aus der Kunstanschauung, dass es bei dem Porträt nur auf das Gesicht 
ankomme; einen konventionell behandelten Rumpf vermisste daher nie 
mand. Doch herrschte über die untere Grenze der Büste keine Einheit. 
Mit der Zeit treten [gewähltere Formen auf: ein geschweifter Abschluss 
mit Aushöhlung an der Rückseite, ausgehöhlte Armansätze (z. B. bei An- 
tinoos), 1 ) selbst der Blumenkelch, aus welchem die Büste gleichsam heraus 
wächst, findet sich bei der sogen. Klytia des brittischen Museums und 
anderen. * 2 ) Sogar das Kniestück blieb dem Altertum nicht unbekannt. 3 ) 
Für den Eindruck der Statue hat die Aufstellung nicht geringe Be 
deutung. Die dekorative Statue steht auf einem Bauteil, die selbständige 
auf einem Postament (Basis). So manche Figur unserer Museen nimmt 
sich schlecht aus, weil der moderne Untersatz zu hoch oder zu niedrig 
ist. Die altgriechische Kunst hat sehr niedrige Postamente, welche manch 
mal einfache Standplatten waren, 4 ) geliebt. Der Form nach unterscheiden 
wir die neutralen, welche nicht beachtet werden sollen (entweder viereckig 
oder sorglos gerundet, auch ovalartig), und die architektonischen, welche 
profiliert sind, Köpfe oder Pfeiler als Schmuck haben, staffelförmig ansteigen 
u. dgl. mehr; 5 ) zu ihnen sind auch die mit Malerei oder Reliefs geschmück 
ten Postamente zu rechnen, von denen es noch mehrere Exemplare (wo 
runter ein praxitelisches?) gibt. 6 ) Zwischen den beiden Hauptklassen treten 
auch Mischungen ein. 7 ) Andere Postamente späterer Zeit zeigen an ihrer 
oberen Seite die Örtlichkeit an, wo man sich die Figur denken soll. In 
gewissem Sinne trägt die Basis mit zur Polychromie bei; denn sie sticht 
sehr oft im Farbton von der Statue ab, schon weil man oft einen billigeren 
Stein, z. B. eleusinischen, dazu wählt, oder aber für Bronze- und Holz 
figuren 8 ) den Stein vorzieht. 
Litteratur: AZ. 84, 18 ff. m. T. 2; A. 1868 S. 196 A.; über die Grösse Overbeck, 
Ber. d. sächs. Ges. 40, 287 A. 4; über die Preise von Statuen Friedländer, Acta academ. 
Albertinae 1865; über die Halbmonde (prjvicxob), welche den Scheitel der im Freien stehen 
den Statuen gegen die Vögel schützen sollten, Petersen, Ath. Mitt. 14, 238 ff. 
II. Reliefs (vom ital. rilievo, erhaben, früher „erhabene Arbeiten“ 
genannt). Die Reliefs gehören der Technik nach mit den Rundfiguren 
zusammen, dagegen den künstlerischen Prinzipien nach zu den zeichnenden 
Künsten. Sie sind alle malerisch aufgefasst; nur kommen diejenigen, 
*) Dütschke, ant. Bildwerke 2, 103. 3, 
509. 4, 80; halbkreisförmig und flach: ders. 
V zu Nr. 665. 
2 ) Hübner, Bildnis einer Römerin, Ber 
liner Winckelmannsprogr. 1873, m. 3 T. 
3 ) Caylus VI T. 84, 2. 3 mit Text. 
4 ) Homolle, Bch. 12, 467. 
5 ) Abgestumpftes Dreieck mit Köpfen: 
Apollo des Viphikratides Bch. 12 T. 13; sechs 
eckig mit 4 Pfeilern: Turin 106 Dütschke ; 
drei Stufen: Jahrb. 4, 93 Nr. 7; anderes MB. 
8, 56. 11, 26. 
6 ) In Mantineia (Paus. 8, 9, 1); Sparta: 
Friederichs-Wolters 72; Musen von Hali 
karnass: Trendelenburg, Berliner Winckel 
mannsprogr. 1876; vgl. Paus. 2, 3, 1. 
7 ) Z. B. Dütschke, Bildw. 4, 56. 67. 
8 ) Eurip. Iph. Taur. 997.
	        
Waiting...

Nutzerhinweis

Sehr geehrte Benutzerin, sehr geehrter Benutzer,

aufgrund der aktuellen Entwicklungen in der Webtechnologie, die im Goobi viewer verwendet wird, unterstützt die Software den von Ihnen verwendeten Browser nicht mehr.

Bitte benutzen Sie einen der folgenden Browser, um diese Seite korrekt darstellen zu können.

Vielen Dank für Ihr Verständnis.