Volltext: Archäologie der Kunst [6, Hauptbd.] (Hauptb. / 1895)

Kap. X. Die eigentlichen Künste. (§ 300,) 
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wie die athenische Burggöttin eines trug, dazu rechnen. 1 ) Hier ist auch 
die Stelle, um von der Bekleidung und Schmückung der Bilder zu reden; 
eine schöne Sitte, die das ganze Altertum hindurch dauerte * 2 ) und noch 
nicht ganz vergessen ist, wollte, dass am Feste der verehrten Gottheit 
auch ihr Bild im Festgewande erscheine. Für diesen Zweck lagen im 
Tempelschatze prächtige Gewänder und wirkliche Schmucksachen, 3 ) mit 
denen die dazu bestellten „Schmücken“ (bei Göttinnen natürlich Frauen) 
die Figur aufputzten. 4 ) Je mehr dieselbe einer Puppe glich — schon im 
Altertum wurden Puppen bekleidet 5 ) —, desto besser passte sie in das 
Kleid hinein, weshalb Holzfiguren sich hiezu vorzüglich eigneten. 6 ) 
Die 5. Gruppe bilden die bemalten Statuen. Indes sind diese 
weit davon entfernt, alle das gleiche Ziel anzustreben. Wirklich bemalt 
in dem Sinne, dass jeder Teil seine natürliche Hauptfarbe erhält, sind die 
Figuren aus ordinärem, undichtem Stoffe d. h. einfach gebranntem Thon 
oder gewöhnlichem Stein (z. B. Muschelkalk oder Gyps); folglich haben 
die ägyptischen Gypsbüsten aus El-Kargeh mehr oder weniger rote Ge 
sichter, schwarzes oder braunes Haar und schwarzweisse Augen aus Glas 
fluss. 7 ) Hätte man auch Figuren aus Marmor oder einem anderen polier 
baren Stein in dieser Weise bemalt, so wäre das schöne und kostbare 
Material dem Blicke ganz entzogen worden; daher sind solche Figuren 
seltene Ausnahmen. 8 ) Somit erstreckte sich die Bemalung, mit welcher 
auch die Vergoldung zu verbinden ist, auf diejenigen Teile, welche, wie 
wir sahen, häufig aus anderem Metalle hergestellt wurden. Die Augen 
sterne sind meistens dem Maler überlassen, leider blieb die Farbe selten 
haften. 9 ) Bemalt sind ferner häufig Kleider und der Schmuck, 10 ) wofür 
das schönste Beispiel die Augustusstatue von Prima Porta liefert: Ihr 
hellrotes Untergewand hebt sich von dem purpurnen Mantel ab und der 
Harnisch, dessen Fransen gelb sind, weist blaue, rote und gelbe Figuren 
auf. Am Körper sticht das Haar durch seine Farbe so stark von der 
Umgebung ab, dass der Plastiker, wenn er einmal am Augenstern die 
Farbe zulässt, sie auch dort nehmen muss. In den Unebenheiten der Haar 
flechten haben sich sehr zahlreiche Spuren von Farbe erhalten. Sie zeigen, 
dass das Haar gefärbt zu werden pflegte, jedoch ideal. Nicht die gewohn 
ten schwarzen Haare der Griechen und Italer finden wir, sondern Gold 
(z. B. am Asklepios von Melos) 11 ) oder eine daran erinnernde Nuance von 
] ) Ps. Aristot. a. 0. 
2 ) Paus. 2, 11, 6. 7, 25,9; Suet. Calig. 
22; Vopisc. Prob. 10; Saturnin. 9; CIL. XIV 
44 ornatam omni cultu; ygl. Quatremere de 
Quincy, Jupiter Olympien p. 8 ff.; Ruhl, über 
die Bekleidung antiker Statuen, Kassel 1848. 
s ) Inventare der Hera von Samos: K. 
Curtius, Inschriften und Studien S. 10 ff.; 
Köhler, Ath. Mitt. 7, 367 ff.; Artemis Brau- 
ronia: CIG. 1, 155; Delos: Inv. des Demares 
I 29 f., des Hypsokles I 62. 
4 ) Kofffxrjrai, xoa^rjXQica, 
5 ) B. mun. 1889 T. 8. 
6 ) Ygl. Schreiber, AZ. 41, 293 f. 
7 ) Academy 1892 July 9. 
8 ) Z. B. granitne Statue des Horus, mit 
Stuck überzogen, in Berlin (Verzeichnis 
S. 70). 
9 ) Vgl. Plat. rep. 4, 420 c; Paus. 1, 14, 
6; z. B. Asklepios von Melos und Augustus 
von Prima Porta. Braunrote Pupille in 
blauem Auge an zwei Pan- u. Silenmasken, 
Dresden Nr. 123/4. Weisse Augen u. Zähne 
auf glänzend braunem Thon (aus Rhodos, in 
Smyrna, Phot, des Inst. 1*). 
10 ) Vgl. Ra. III 11, 85; vergoldete Ge 
wänder bei rotem Stein: Acta S. Savini 
(Baluzii miscell. p. 12). 
1! ) S. Sittl zu Hesiod Th. 947; auch an 
Terrakotten, z. B. Athen, archäol. Museum
	        
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