Volltext: Archäologie der Kunst [6, Hauptbd.] (Hauptb. / 1895)

Kap. X. Die eigentlichen Künste. (§ 298 ) 
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Die Terrakottaplastik begegnete technischen Schwierigkeiten nur 
hinsichtlich des Brennens. Damit die Figuren nicht zersprangen, mussten 
sie hohl sein und ausserdem eine ansehnliche Luftöffnung („Brennloch“) 
haben. Der Kunsttöpfer (xoQonlcc&og) arbeitete, sie daher stückweise. 1 ) 
Für die äussere Erscheinung gelten die gleichen Grundsätze wie für die 
Yasen. Die Thonfiguren erscheinen wohl nie mit der lehmigen Farbe des 
gewöhnlichen Thons. Wohl aber ist in den nördlichen Provinzen der 
weisse Thon beliebt. 2 ) Den sogenaamten aretinischen Gefässen (S. 180) 
entsprechen glänzendrote Figuren. 3 ) Schwärzlicher Thon 4 ) erinnert an die 
Buccherogefässe (S. 178). Brauner mit polierter Oberfläche imitiert Kupfer. 5 ) 
Manchmal haben die Figuren einen einfärbigen Überzug, der edlere 
Stoffe sozusagen markiert, nämlich weiss, gelb oder glänzend schwarz. 6 ) 
An die bemalten Vasen knüpfen die bemalten Figuren an, denen freilich 
erst nach dem Brennen Farben aufgepinselt wurden. Letztere haben sich 
deswegen schlecht gehalten. Sorgfältige Arbeiter stellen einen Malgrund 
her, welcher jetzt bläulichweiss aussieht. Anfangs freilich hat die Farbe 
fast nur eine dienende Rolle, wie an den Yasen mykenischen und geome 
trischen Stiles, indem sie bloss die Einförmigkeit unterbricht, aber keines 
wegs die plastischen Formen hervorhebt. Übrigens dauert die ordinäre 
ungeschulte Thonbildnerei mit grellen Farben, wie bei den Bäckern, stets 
fort; 7 ) denn die Masse der Bevölkerung brauchte Tausende solcher Pro 
dukte als Votivgaben, die oft schlechthin mittelst eines Henkels oder einer 
blossen Rückenöffnung an einen Nagel der Tempelwände gehängt wuirden. 8 ) 
Viele, vornehmlich die kleinasiatischen hatten jedoch einen profilierten 
Untersatz. 9 ) Die Künstler befassten sich gerne mit dem Thon, weil er 
die Absichten des Bildners am unmittelbarsten wiedergibt. Darum ent 
standen auch wahre Kunstwerke aus Thon; man bediente sich zur feineren 
Detaillierung der Fingernägel 10 * ) und des Modelliersteckens (xavvaßog). 
Solche künstlerische Studien sind auch zum Verkauf gebrannt worden; 
besonders häufig finden sie sich aus dem 4. und 3. Jahrhundert, als Zier 
lichkeit und Anmut in der Mode waren, wozu der gebrechliche Stoff an 
sich passte; vergleichen wir nur das Porzellan der Rokkokozeit! Allein 
auf die Dauer zahlte sich in der Töpferei das immer neue Modellieren nicht 
aus. Die Kunstfertigen machten lieber Formen (franz. moules, zumeist von 
Thon), 11 ) aus denen eine beliebige Anzahl von Abdrücken genommen 
werden konnte; sie passten am besten für einseitige Arbeiten, z. B. die 
9 Deshalb mögen Figuren aus Myrina 
Versetzmarken (S. 294) haben. 
2 ) Z. B. Figuren aus Salzburg. 
3 ) Z. B. aus Tenedos in München. 
4 ) Z. B. im archäologischen Museum zu 
Athen Nr. 868. 818; häufig in Ruvo und 
Paestum (B. 1, 184), dann in Etrurien. 
5 ) Kopf aus Rhodos in Smyrna: Phot, 
des arch. Inst. Smyrna 1*; Pflügergruppe in 
Würzburg. 
6 ) Weiss: Köpfchen AA. 1891 S. 115. 
120. Gelb: Poll. 7, 168 rwv de xoQonhcc&cov 
i&iov xd xd '/ohoßaipiva, ßdnxeiv xd %qv- 
aoGidrj; schwarz: Zeuskopf von Olympia 
Friederichs-Wolters 812; Totenmaske aus 
Carthago. 
7 ) Lukian spottet über die blauen und 
roten Farben (Lexiph. 22). Unförmliches 
Tier mit arabischer Inschrift: Ra. III, 17, 
298 ff. m. T. 9. Vgl. auch Fab. Aesop. 190. 
8 ) Bch. 10, 86 m. Abb. 6, 568. 
9 ) Arch.-ep. Mitt. 7, 196. 
10 ) Sprichwörtlich: CA Ecog 6 nrjldg iu ovvlgi 
yivrjxca. 
11 ) Hefner nimmt auch Formen] von 
Gyps, Holz und Metall an.
	        
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