Volltext: Archäologie der Kunst [6, Hauptbd.] (Hauptb. / 1895)

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Klassische Kunstarchäologie. 1. Denkmälerkunde. 
Hügel, so ist schon damit die Annäherung erschwert. Man hilft der Natur 
durch Abschroffen der Felsenabhänge nach und sperrt nur die zugäng 
lichen Stellen ab; nach diesem Grundsatz hatten die römischen Könige und 
viele andere Fürsten Mittelitaliens, vielleicht auch Kretas ihre Burg ein 
gerichtet. 1 ) In Ebene und Hügelland bestanden die einfachsten Annähe 
rungshindernisse in Palissadenwänden, die bei den Griechen verhältnis 
mässig spät abkamen, * 2 ) in Hecken (Gebück, Knicks) 3 ) und Erdwällen. Ein 
agger schützte Ardea, das älteste Rom 4 ) und Hügel Oberitaliens. Wo 
viele Steine herumlagen, trugen sie die Bewohner zusammen und zwar oft 
nach einem runden Grundplan. Von diesen Steinringen (xvxloi, xvxXo- 
ßoQoi, Ringwälle, Burgwälle, ital. castellieri) sind in Italien, der Balkanhalb 
insel, Österreich und Norddeutschland viele Spuren geblieben. 5 ) So hatten 
sich die Messenier auf Eira verschanzt. 6 ) In Judaea führte Salomon die 
Einrichtung planmässig durch. 7 ) Gehen wir nun zu den eigentlichen 
Mauern über, so entzog sich deren Ausführung in der Regel dem Blick. 
Man sah nicht, ob die Mauer an der Innenseite mit kleineren Steinen ge- 
wissermassen gefüttert ist (bereits in der ältesten Niederlassung von His- 
sarlyk), ob zwischen zwei festen Mauern eine Schuttlage sich befindet 
(schon in der Burg von Orchomenos), ob sie aus mehr oder weniger un 
regelmässigen Steinen ohne oder mit Balkeneinbau (S. 298) oder aus 
Ziegeln hergestellt sei. Yon aussen sah der Herankommende in der Regel 
nur den gleichmässigen Verputz. Die Einförmigkeit unterbrechen Bö 
schungen, Strebepfeiler, Zinnen und viereckige oder runde Türme, 8 ) die 
ihrerseits wieder mit Zinnen 9 ) oder einem spitzen Dache gekrönt werden. 
Die Mauerfläche selbst ist im babylonischen Kulturkreis mit emaillierten 
Fliesplatten oder Reliefstreifen bedeckt worden. Dergleichen kommt im 
Abendlande nie vor, wohl aber legt man hier auf Regelmässigkeit der 
Fügung 10 ) und schönes Material (Marmor) Wert; der Lehrrand (S. 286) ist 
schon etwas gekünstelt. Etwa im 4. Jahrhundert v. Chr. wendet sich die 
Prachtliebe auch den Stadtmauern zu; 11 ) damals entstand z. B. die herr 
liche Befestigung des neuen Messene. Noch sechshundert Jahre später 
zählt uns ein Schriftsteller die schönsten Stadtmauern der Welt auf. 12 ) 
Besondere Kunst verwendet man von jeher auf die Burg- und Stadt- 
9 Capitol, Tusculum, Alba Longa, Alba 
Fucense (Promis, A. F. p. 120), Volsinii (A. 
1881 S. 88 f.); Kreta: Curtius, Peloponnes 
1, 126. 
2 ) Provisorisch Dion. Hai. 2, 87, 1; kar 
tographisch durch Reihen von Ringelchen 
bezeichnet. 
3 ) Annalen des nassauischen Altertums- 
ver. XIII. 
4 ) Richter, Topogr. S. 758; über Ardea 
Richter, A. 1884, 90 ff., M. 12, 2; in Irland 
heissen die Erdringe rath. 
5 ) Abb. bei Baumeister’s Denkm. III 
1694--5; ein bekannter in Otzenhausen bei 
Trier, vgl. Neusser, 8. Correspondenzbl. d. 
westd. Ztsch. 
6 ) Curtius, Peloponnes 2, 152; vgl. He- 
sych. Oivcäoi rrjv %cc()u(¥qccv ; Hermes 17, 
647 f. Das Wort nofog hängt wohl mit nolog 
zusammen, wie urbs mit orbis. 
7 ) 1 Reg. 9, 19. 
8 ) Von den runden gleiten die Geschosse 
öfter ab. 
9 ) Z. B. in Troja: II. X 8 xa^fjaip hnäl- 
leaiv. An schönen Türmen ist z. B. Pam- 
phylien reich. 
10 ) Quadern z. B. in Rom seit Tarquinius 
Priscus nach Dionysios (8, 67, 4), in Falerii 
und Caere, mit Emplekton in Sutrium und 
Nepete. 
") Kos: Diod. 15, 76,2 (J. 366). 
12 ) Paus. 2, 31, 5 (Babylon, Susa, Am- 
brosos, Byzanz, Rhodos, Messene). Geschick 
lichkeit wird den Kurden (Strab. 16, 1, 24) 
nachgerühmt.
	        
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