Volltext: Archäologie der Kunst [6, Hauptbd.] (Hauptb. / 1895)

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Klassische Kunstarchäologie. I. Denkmälerkunde. 
Olymp entfliegt. Infolgedessen ist die Hypäthralanlage für gewisse Götter 
bevorzugt. 1 ) Wir müssen sie auch dort annehmen, wo die Innenwände 
der Cella von vornherein mit einem Fries geschmückt wurden wie in Phi- 
galeia. Da jedoch im allgemeinen die Beleuchtung durch die Metopen, 
Dachluken und die hohe Thüre geschieht, sind die gewöhnlichen Tempel 
nach dem übereinstimmenden Zeugnis der Kirchenschriftsteller 1 2 ) dunkel 
und nur bei künstlicher Beleuchtung in allen Einzelheiten erkennbar, wie 
die meisten älteren Kirchen der griechischen Christen. Zur Beleuchtung 
trägt die Orientierung der Tempel nicht unwesentlich bei; denn die 
Tempelbilder pflegen gegen Osten zu schauen, so dass die Morgensonne 
durch die Thüre hineinscheint. Heroa hingegen schauen nach Westen 
zum Eingang der Unterwelt. Ausnahmen sind sehr selten. 3 ) Die Fein 
heiten der Orientierungen hängen von den astronomischen Kenntnissen der 
Erbauer ab und haben auf das Archäologische keinen Einfluss. 4 ) Die 
äussere Erscheinung des Tempels berührt dagegen der alte Brauch, auf 
Höhen der Gottheit zu opfern und sie anzurufen, weil dort ihre himmlische 
Wohnung näher schien. 5 * ) Darum wählte man zur Tempelstätte am liebsten 
einen Berg, wo sich ein Plateau von genügender Ausdehnung fand; 0 ) so 
bald dies nicht ausreichte, stellten die Baumeister durch Aufschüttung und 
durch Stützmauern eine Plattform oder Terrasse her, auf welcher der 
Tempel ruhte; diese ist von dem Stylobat (Plinthos), einem Teil des 
eigentlichen Tempels, streng zu scheiden. Eine solche nur zum Teil na 
türliche Plattform haben z. B. der Parthenon, der Athenatempel von Ela- 
teia 7 ) und das kapitolinische Heiligtum. 8 ) In weniger günstigen oder 
ebeneren Gegenden jedoch erforderte ein grosser Tempel gewaltige Sub- 
struktionen. 9 ) Die des Tempels fon Jerusalem und der grossen Heilig 
tümer der syrischen Ebene 10 ) dürften kaum übertroffen worden sein. Die 
Ägypter legen keinen Wert auf Terrassen, doch heben sie kleine Kapellen 
dadurch hervor. 11 ) Die hohe Lage der Tempel bedingt wieder Freitreppen, 
über welche bereits S. 333 gehandelt worden ist. In der flachen babylo 
nischen Ebene waren weder Hügel noch Steine vorhanden; so finden wir 
denn hier hohe Substruktionen aus Ziegeln. Indes trugen diese keine 
1 ) Vitr. 1, 2, 5 (Jupiter Fulgur, Caelus, 
Sol und Luna); Serv. Verg. A. 9, 446 (Ter 
minus); vgl. Strab. 9, 396 (Zeus Soter im 
Piraeus). 14, 1, 5 (Riesentempel des didy- 
meischen Apollo). Nachgewiesen scheint die 
Hypäthralanlage im athenischen Olympieion 
des Cossutius (Dörpfeld, Ath. Mitt. 16,334ff.). 
Ganz sonderbar ist die dreizackige Dachbildung 
auf einer perinthischen Münze (Brit. Mus. 
Thracia 153 Abb.). Über die Beleuchtung 
z. B. J. Fergusson, the Parthenon, London 
1883, m. 60 T.: E. Curtius, Archäol.Gcsellsch. 
1893 Juni. 
2 ) Z. B. Euseb. vita Constant. 3, 54, 2. 6. 
3 ) Das Hypaithron beiPhigaleia ist von 
Süden nach Norden orientiert. 
4 ) H. Nissen, Rhein. Mus. 40, 38 ff. 328 ff. 
480. 42, 28 ff.; nach einer bestimmten Con- 
stellation: Penrose, Jhst. 12, 296 f. 
5 ) F. Frh. y. Andrian, der Höhenkultus 
asiatischer und europäischer Völker, Wien 
1891; R. Beer, hl. Höhen d. alten Griechen 
und Römer, Wien 1891. 
6 ) Nach Sanchuniathon lag der älteste 
Tempel auf einem Berg (Euseb. praep. ev. 1, 
10, 16): ygl. Pacuv. V. 309 R. scrupea saxa, 
Bacchi templä. Sokrates wünschte die Tempel 
so hoch und unzugänglich als möglich (Xen 
mem. 3, 8, 10); in Tanagra die Tempel ge 
sondert oberhalb der Stadt (Paus. 9, 22, 2); 
über alte Kirchen Tertull. adv. Valentin. 3. 
7 ) Dodwell, views T. 40. 
8 ) Dion. Hai. 3, 69, 1. 
9 ) Über die Terrassen griechischer Tem 
pel : Marquard, Am. J. 6, 47 f. 
10 ) Warren, Underground Jerusalem, 
1876; Baalbek: Perrot III S. 105. 
u ) In Sakkarah und Elephantine.
	        
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