Volltext: Archäologie der Kunst [6, Hauptbd.] (Hauptb. / 1895)

Kap. IX. Die Werke der Baukunst. (§ 287.) 
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Publikum brauchte man Säulenhallen, 1 ) welche sich der Grenzmauer ent 
lang hinzogen. Überdies fanden sich je nach der Auffassung des Gottes 
gemeinnützige Anstalten für die Besucher. Die Tempel des Asklepios, 
z. B. die am besten bekannten in Athen 2 ) und Epidauros (S. 108) brauch 
ten viele Krankenzimmer. Die Musenheiligtümer oder Museen erfordern 
Hörsäle, Bibliothekräume u. dgl.; 3 ) den letzteren Zweck haben die Könige 
von Pergamon durch einen Anbau an den Athenetempel ihrer Burg er 
reicht, 4 ) denn im Altertum kennt yhan nur Bibliotheksäle, kein selbstän 
diges Bibliothekgebäude. Die Mysterienheiligtümer 5 ) verlangten grosse 
Versammlungssäle und unterirdische Räume {yisyccQa) ; 6 ) solche Grotten 
ziehen sich unter dem Tempel von Aigina hin. An Tempel der Pandemos 
endlich schlossen sich fornices an. 7 ) Ein bedeutendes Heiligtum war mit 
hin eine umfassende, mannigfaltige Anlage. Das grossartigste haben be 
kanntlich die Ägypter geleistet, wo die Tempel von Denderah und Karnak 
(S. 81) ein ungeheueres Areal bedecken; indes darf man damit eben auch 
nicht den griechischen Naos, sondern das ganze Temenos in Vergleich 
stellen. Zu diesem Ganzen muss der Haupteingang deutlich erkennbar ge 
macht werden. Schon die Ägypter haben deshalb das gesonderte hohe Ein 
gangsthor {Pylon) erfunden und die Griechen thaten es an verschiedenen 
Orten ihnen nach; die Gattung der Propyläen {rzQOTtvla, nqoni'kaia) ist 
jetzt in Athen, Eleusis, Sunion, Olympia u. a. 8 ) durch schöne Beispiele ver 
treten. Mit einem Eestungsthor haben sie nichts zu thun, wiewohl den 
Kirchenkastellen (böhm. tabor) im Altertum ähnliches entsprach; 9 ) nahmen 
doch zu den Tempeln viele im Kriege ihre Zuflucht und reizten doch auch 
die kostbaren Weihgeschenke kecke Räuber. 
Auf die Tempel wurde alles angewendet, was für monumentale Bauten 
sich ziemte; daher wäre hier so ziemlich der ganze Inhalt des vorigen 
Kapitels zu wiederholen, namentlich die Abschnitte über die Säulenstel 
lungen, 10 ) Fries, Metopen und Giebelfeld. Kur einige Punkte bedürfen 
einer speziellen Auseinandersetzung. Der Hypäthraltempel mit dach 
losem Mittelschiff hat mit der Beleuchtungsfrage unmittelbar nichts zu 
thun; vielmehr beruht er auf der Ansicht, dass die Götter frei auf- und 
niedersteigen müssten, wie die Athene der Odyssee durch die Luken zum 
tion Nr. 615, Officina Ruggiero, sylloge I 
851; Wohnung des aedituus am hinteren 
Hofausgang im pompejanischen Apollotempel. 
Her Roman des Heliodoros gibt manche 
Notiz darüber. 
0 Talg dbacg aroalg Sterret a. 0. 687; 
nachweislich z. B. an dem erwähnten Tempel. 
2 ) Paul Girard, l’Asclepieion d’Athenes, 
Paris 1882. 
3 ) Beschreibung des alexandrinischen bei 
Strab. 17, 1, 8 p. 794. 
4 ) Bohn, Ausgrab, zu Perg. II S. 56—79 
T. 2. Auch das Serapeum von Alexandrien 
ist hieher zu ziehen. 
5 ) 0. Rubensohn, d. Mysterienheiligt. in 
Eleusis u. Samothrake, Berlin 1892, m. 2 T. 
u. Abb. 
6 ) Z. B. megarum im römischen Isis 
tempel, vgl. Lanciani, B. 1868 p. 228 ff. 
7 ) Solche kommen z. B. in der Biogra 
phie des hl. Romanus vor. 
8 J ÜQonvhov dij^oGiov oqos im Piraeus: 
IlaQvaGGog 5, 1094; Delos: Aristot. eth. 
Nicom. a. 0.; s. auch Jhst. 12, 287; in 
Aphrodisias: Ant. of Jonia III T. 22—27; 
Eleusis: Ant. of Jonia II T. 21; Uned. ant.. 
of Attica II T. 1—-16 (Zeit U^axtixd rrjg ag/. 
er. 1887 S. 52, 1); ebendort Prop. des Appius 
Claudius Pülcher: Uned. ant. III T. 1 — 8; 
R. gen. de Farch. 1868 T. 1-3. 
9 ) Z. B. Artemistempel am Phasis: Zo- 
sim. 1, 32. 
10 ) no'Kvarv'kog ist natürlich der schönste 
Tempel (vgl. Hesych. Kubas).
	        
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