Kap. IX. Die Werke der Baukunst. (§ 286.)
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Schmuck, welcher in Griechenland, wie die alten Thonsärge von Kolophon
zeigen, Nachahmung fand. 1 ) Die Sarkophage von Sidon veranschaulichen
den in lebhaften Farben hervortretenden Reliefschmuck. In den letzten
Jahrhunderten v. Chr. gewinnt das Hochrelief mit Bemalung den Sieg; in
dieser Weise sind Tausende von etruskischen Aschenkisten oder Urnen
und römischen Sarkophagen behandelt. Die Darstellungen sind meistens
der Mythologie, hin und wieder jedoch auch dem Leben entnommen; z. B.
sehen wir häufig eine Eheschliessur^g 2 ) und nicht selten eine recitatio. 3 )
Andere beschränken sich auf das Brustbild des Toten, welches in Medaillon,
seltener gleich einem Tafelbild im Viereck, zwischen Genien und Guirlanden
erscheint. 4 ) Auch in den mythologischen Darstellungen erhält die Haupt
person mehrmals die Züge des Verstorbenen. Da die Steinmetzen infolge
der grossen Nachfrage stets eine Auswahl von Sarkophagen haben muss
ten, legten sie den Kopf vorläufig nur an, um ihm später Porträtzüge zu
geben. 5 ) Das Reliefbild ist übrigens durchaus nicht unumgänglich not
wendig; z. B. sind blosse Reihen von S-förmigen Wellen ziemlich beliebt. 6 )
Seit dem 4. Jahrhundert an kommen die reliefierten Sarkophage in die
Minderzahl.
Litteratur: Über die Corpora der Urnen- und Sarkopbagreliefs s. S. 5; Uhden, d.
Todtenkisten d. alten Etrusker, 4 akad. Abh., Berlin 1816, 17, 26, 89; Guhl-Engelmann,
Leben S. 859 f.; über den Unterschied der griechischen und römischen Sarkophage Matz,
AZ. 80, 11 ff.; über die christlichen Sarkophage: Rene Grousset, et. sur l’hist. des sarco-
phages chretiens. Cat. des sarcophages chretiens de Rome, Bibi, des ec. fran9. XLII. Paris
1885; Le Blant, et. sur les sarc. chretiens de la ville d’Arles, Paris 1878, m. 36 T. Orien
talische Parallelen bietet z. B. der Atlas des Corpus inscriptionum Semiticarum.
286. Zwischen den privaten Anlagen und den Staatsgebäuden nehmen
die Heiligtümer eine Art Mittelstellung ein, weil die Religionen der
klassischen Völker in den Gebräuchen der einzelnen Familien wurzeln.
Mit dem Glauben an überirdische Wesen hängt auch stets die Vorstellung
zusammen, dass sie sich in besonderen Fällen den Sterblichen zeigen. Dies
geschieht am liebsten ferne von den menschlichen Wohnungen in der
stillen Natur, und die Legenden knüpfen sich ganz natürlich an Bäume,
auffallende Steine, Quellen und Berggrotten. Damit kein profaner Fuss
den geweihten Ort fernerhin betrete, fasst man die heilige Stätte ein 7 )
und legt der geweihten Grotte eine Mauer vor (wie der Zeusgrotte des
Ida und einer anderen kretischen oberhalb des Psichikö). 8 ) Hin und wieder
wird ein Markzeichen errichtet, dass hier ein Gott erschienen sei, und so
entsteht das älteste Heiligtum nach Sanchuniathon, ein Pfeilerpaar; 9 ) ein
solches ist, gewöhnlich falsch gedeutet, noch auf Cypern zu sehen 10 ) und
144, 522 ; Amoretten: Robert, Pasipkaesark.
S. 18; Sphinxe: Maffei, Mus. Ver. LXXIII,
1; Benndorf u. Schöne, lateran. Mus. Nr.
415. 427.
] ) Blosse Malereien in Etrurien: B. 1876
p. 70 ff.
2 ) Rossbach, römische Hochzeits- u. Ehe-
denkmäler, Lpg. 1871, m. 2 T.
8 ) Benndorf u. Schöne zu Nr. 16 des
Lateran.
4 ) Vgl. MB. 12, 27; Sarkophag in S.
Domenico zu Cortona.
5 ) Unvollendeter Sarkophag im Catajo:
Dütschke V Nr. 767.
6 ) Z. B. MB. 10, 28.
7 ) Wandgemälde und Reliefs bilden
heilige Bäume öfters ab, s. auch Röm. Mitt.
7, 288; ehernes Gitter um den ruminalischen
Feigenbaum: Conori 48; Stalaktitenpfeiler in
der Grotte der Eileithyia bei Amnisos: Tlctq-
vaaaog 9, 339 ff.
8 ) Grotte von Kasos, abgeb. bei Ross,
Inselreisen 3, 47.
9 ) Euseb. praep. ev. 1, 10, 7.
10 ) Phot, des Inst., ähnlich in einem
pompejanischen Gemälde MB. 11, 26; „Steine