Volltext: Archäologie der Kunst [6, Hauptbd.] (Hauptb. / 1895)

352 
Klassische Kunstarchäologie. 1. Denkmälerkunde. 
Kyrene, Lukanien und das südliche Etrurien. Der Reliefschmuck hält sich 
in engen Grenzen. Über die Form und Verzierung der Decke wurde be 
reits S. 321 f. und 336 f. gehandelt. 
Aus der primitiven Bedeckung des Toten entwickelt sich das soge 
nannte Steinkistengrab (skandin. kistvaen), dessen einfachste Form aus 
fünf grossen Steinplatten zusammengesetzt ist, wovon vier im Viereck auf 
recht stehen und mit einer Platte zugedeckt werden. Solche findet man 
noch in Indien, den Kaukasusländern und Europa; 1 ) die massigeren und 
zusammengesetzteren Bauten heissen „Hünengräber“ und „Hünenbetten“. 2 ) 
Tektonisch umgebildet, wird daraus das Grab haus, von dem kleine 
Exemplare in der alten Nekropole von Orvieto ganze Strassen bilden. 3 ) 
Ähnliche kleine Häuser mit flachem oder giebeligem Dach weist Unter 
italien auf. 4 ) 
Wir haben dann die einfachen Grabhäuser, wie das Grabmal des Bibu- 
lus 5 ) und das Scipionengrab zu nennen, hierauf die viereckigen turmarti 
gen Gebäude, in Lykien, bei Palmyra und in Nordafrika 6 ) häufig, ausser-: 
dem in der Provence (St. Remy) und im Moselland (Neumagen, Arlon, 
Igel), wo sie ein pyramidenähnliches Dach haben. Das bekannte Grabmal 
der Caecilia Metella an der appischen Strasse 7 ) repräsentirt die runde 
Turmform, deren Prinzip kolossal in der Moles Hadriani (Engelsburg) 
durchgeführt ist. 8 ) Um besonders hervorgehoben zu werden, liegen die 
Häuser auf einem Stufenbau, z. B. das Grab des Kyros und phönikische 
Denkmäler. Die nuräghi Sardiniens, die talayot’s der Balearen und die 
truddhi des alten Calabria repräsentieren den Typus des Burgstalls (S. 342), 9 ) 
Im Hinblick auf die heutigen Ziegelhütten von Nordafghanistan 10 ) darf man 
auch die mehr oder weniger einer Halbkugel sich nähernden stüpa’s 
(tope’s) Indiens und der westlichen Nachbarländer (S. 87 f.) als Grabhäuser 
Buddhas betrachten. 11 ) Persönlicher Geschmack brachte manche besondere 
Form, z. B. das achteckige Grab des Stesichoros. 12 ) Epoche macht aber das 
Maussolleion in Halikarnass, des Königs Maussollos Grabbau (S. 95). Schon 
das zum lateinischen Appellativum gewordene mausoleum spricht dessen 
Vorbildlichkeit aus. Wir begnügen uns, aus den komplizierten Bauten 
die bekanntesten herauszugreifen; es sind das „Grab des Porsenna“, 
1 ) Über Westpreussen: Anthr. Corresp. 
1891 S. 186 ff. 
2 ) Z. B. ein langes Hünengrab in der 
Bretagne, abgeb. bei Caylus VI T. 117. 
3 ) M. X 42; Duhm, Baukunst der Etrus 
ker S. 66 u. Dennis II 3 42 ff. m. Abb.; ähn 
lich die Grotte aux fees bei Saumur (Gail- 
habaud I 1, 10—14) und die Grotte von Esse 
(das. 15. 16); vorne offen: sog. Dolmen von 
Trie und Dollon (Gailhabaud I 1, 6. 7). 
4 ) Gargiülo, cenni T. 1. 
5 ) Canina, arch. rom. 212 u. ö.; am besten 
bei Piranesi, ant. rom. 14; vgl. Bergatj, 
Philol. 26, 81 ff. 
6 ) B. archeol. 1891 S. 195. 
7 ) Altere Stiche zeigen es besser erhal 
ten; Restauration bei Canina, edif. di Roma 
III T. 218; Bartoli T. 77. 
8 ) Canina T. 228, — Grabturm bei 
Delphi; vgl. auch Paus. 8, 9, 5. 
9 ) Nuräghi: S. 342; Abb. bei Perrot 
IV S. 22 ff.; talayots: Perrot a. 0. S. 41. 49; 
truddhi: ders. S. 52 f. 
10 ) Abgeb. bei Fr. v. Schwarz, Alexan 
der des Grossen Feldzüge in Turkestan, 
München 1893 S. 89. 
n ) Den ummauerten Grabhügeln und 
Pyramiden entspricht ein von einer Ziegel 
mauer umgebener tope in Balabhipura (J. r. 
asiat. soc. 13, 147 m. Abb.). 
12 ) Griech. Litteraturgesch. 1, 305.
	        
Waiting...

Nutzerhinweis

Sehr geehrte Benutzerin, sehr geehrter Benutzer,

aufgrund der aktuellen Entwicklungen in der Webtechnologie, die im Goobi viewer verwendet wird, unterstützt die Software den von Ihnen verwendeten Browser nicht mehr.

Bitte benutzen Sie einen der folgenden Browser, um diese Seite korrekt darstellen zu können.

Vielen Dank für Ihr Verständnis.