Volltext: Archäologie der Kunst [6, Hauptbd.] (Hauptb. / 1895)

Kap. VIII. Die Baukunst nach Material und Technik. (§ 275.) 
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ausnahmsweise malte einer mit blosser Farbe auf die glatten Marmor 
platten, wie Alexandros in Herculaneum. Ein billiger Ersatz des Stein 
reliefs ist das Stuckrelief, welches aus Stuckmasse in Formen gepresst 
wird; in Italien wurde es erst während der letzten Jahrhunderte v. Chr. 
bekannt, verbreitete sich aber dann rasch. 1 ) Im übrigen spielt die Malerei 
eine grosse Rolle; wir meinen nicht die an der Wand aufgehängten Tafel 
bilder, 2 ) sondern die Deckung der ganzen Wand. Die Zimmermalerei be 
gann natürlich mit farbigem Verputz (S. 300); dann hob man Ornamente 
in anderer Farbe von demselben ab und so ging es weiter bis zur vollen 
Wandmalerei, welche die Ägypter ausbildeten und in der Ramessiden- 
zeit auch anderen, z. B. den Herren von Tiryns und Mykene, mitteilten. 
In der zweiten orientalisierenden Periode taucht sie auch schon in Etru 
rien auf. Indes scheinen Wandgemälde lange Zeit nur Tempel, Hallen 
und andere öffentliche Gebäude, Paläste 3 ) und Grabkammern geschmückt 
zu haben; erst im Zeitalter des peloponnesischen Krieges hält sie in Pri 
vathäuser ihren Einzug. 4 ) Während die schriftliche Überlieferung das 
unlösbare Problem bietet, was Tafelbild, was Wandgemälde sei, regen 
die zahlreichen erhaltenen Bilder, deren Hauptmasse in den vom Yesuv 
verschütteten Städten sich fand, die Frage nach der Technik an. Zum 
Austrag ist dieselbe trotz vielfacher Versuche noch nicht gekommen. Als 
der naturgemässe Anfang erscheint die Malerei auf der fertig gestellten, 
trockenen Wand. Allein der Erfolg zeigte, dass dieser Art, mit den ge 
wöhnlichen Farben ausgeführt, geringe Haltbarkeit zukam; namentlich war 
die Feuchtigkeit der Wand zu fürchten. Daher verfielen manche auf den 
Ausweg, den Malgrund von der Wand zu trennen. In Caere, wo die Lage 
der Grabkammern sie dem Regenwasser aussetzt, malte man mehrfach auf 
gebrannte Thonplatten, welche die Wand deckten, während anderswo Holz 
wände vorgezogen wurden. 5 ) Indes studierten wieder andere die beste Be 
schaffenheit der Mauerfläche und stellten verschiedenartige Versuche an. 
Die beiden Hauptmanieren, die sich einander gegenüber stehen, sind die 
Temperamalerei auf trockenem Grunde, wobei Wachs, Leim und andere 
klebrige Stoffe das Bindemittel abgaben, 6 ) und die Frescomalerei (eil 
fresco) auf feuchtem Grunde. Diese letztere erfordert hier schon Be 
schreibung. 
Es kam darauf an, erstens dass zwischen Ziegelwand und Malerei 
mehr als eine Schicht Mörtel lag (in Kampanien 7—8 cm., selten nur 4—5), 
wobei die äusserste Schicht auch die feinste sein musste, 7 ) zweitens dass 
der Mörtel während des Malens feucht blieb — daher der Haine! —, drit 
tens dass der frische Kalk nur mineralische Farben und selbst diese nicht 
*) Vgl. Blümner, Technologie 2, 146 ff; 
z. B. in Pompeji; MB. 15, 27 (Grab des Um- 
bricius). 
2 ) Abgeb. in einem pompejanischen Ge 
mälde. 
3 ) Tempel: Paus. 1, 17, 2. 18, 1; Hallen: 
Paus. 1, 8,8 ff.; die Zxoa noixllr] in Athen 
und die enxäcpwvoq axod in Olympia; Abg^t] 
noix'dr) in Sparta; Palast des Archelaos: 
Aelian. y. h. 14, 17. 
4 ) Xen. apomn. 8, 8, 10. oecon. 9, 2. 
5 ) Cicero Verr. 4, 55; vielleicht in der 
Stoa Poikile. 
6 ) Die bekannte Vorschrift des Vitruv 
(7, 9, 8), welche vom punischen Wachs 
spricht, bezieht sich nur auf roten Wand 
anstrich. 
7 ) Vgl. Vitruv 7, 3, 5. 7. Plinius (36, 176) 
spricht nur vom (Marmor-)Glanz der Wände,
	        
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