Volltext: Archäologie der Kunst [6, Hauptbd.] (Hauptb. / 1895)

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Klassische Kunstarchäologie. I. Denkmälerkunde. 
den Zeiten der oströmischen Kaiser, denen Diokletian ein Vorbild gab, ist 
auch das ältere Rom nicht arm an Kuppeln gewesen; die Kuppeln der 
orientalischen Bazare sind nach Münzen bereits im römischen Macellum 
vorgebildet. Das Serapeum imponierte, wie es t scheint, zur Zeit seiner 
Zerstörung durch eine Anzahl Kuppeldächer. 1 ) Die spitzigen Dächer 
sind wohl an den runden Hütten entstanden; wir treffen die Kegelform, 2 ) 
die pyramidale (wie in Gräbern der 12. ägyptischen Dynastie), 3 ) die zelt 
förmige in verschiedenen Spielarten (am polykletischen Tholos, an der 
Igelsäule, in Aquileja, Noricum und Pannonien an Ossuarien häufig nach 
gebildet); 4 ) die dreiseitige abgekantete Pyramide des Familiengrabes der 
Gens Curia in Aquileja (aus dem 1. Jahrh. n. Chr.) gehört ebenfalls zu 
dieser Gruppe. Die Giebelform des Daches empfiehlt sich gegenüber der 
flachen sowohl durch Gewinnung des Dachraumes als im Hinblick auf das 
Regenwasser und eignet sich daher für alle nicht regenarmen Länder. Sie 
wird bereits im Innern einzelner Pyramiden angewendet 5 ) und an der 
Fa9ade von Gräbern Benihassans 6 ) nachgeahmt. Das griechische Privat 
haus ist vorwiegend mit einem giebeligen Ziegeldache (xsQaiaog, xsQ(xpide<;) 
gedeckt, daher auch die Tempel gewöhnlich im Giebel gebaut sind, wenn 
schon dort an die Stelle des Ziegeldaches Steinplatten oder Marmorziegel 
zu treten pflegen (S. 296). Die uralte Kapelle von Delos dürfte den älte 
sten griechischen Beleg liefern, 7 ) doch ist das Giebeldach, wie die be 
kannte assyrische Abbildung eines Tempels zeigt, auch dem Orient nicht 
unbekannt. 8 ) Der Übergang des Giebeldaches zur Wand wird durch das 
vorspringende Gesimse (Kranzgesimse, Geison, Corona) hergestellt; über 
den Gesimsen erscheinen längs den Giebelseiten im dorischen Stile noch 
die Sima (Rinnleisten, Traufrinnen), Platten aus Stein oder Terracotta, 
welche das Regenwasser nach den Wasserspeiern (Hydrorrhoen) leiten. 
Den letzteren gaben die Ägypter für lange Zeit die Form eines Löwen 
kopfes 9 ) oder eines ganzen Löwen, 10 ) weil die Nilüberschwemmung im 
Zeichen des Löwen eintrat. Beides übernahmen die Griechen; wir brauchen 
bloss auf die grossen Löwenköpfe aus Olympia und dem Heraion hinzu 
weisen. 11 ) Da man jedoch den Sinn nicht verstand, führte man beliebige 
andere Masken (personae) ein. 12 ) 
Indem der Giebelbau in den Stein übertragen wurde, erschien er 
geometrisch wie ein als Aufsatz auf das Viereck der einfachen Wand ge- 
J ) Kirchengeschichte des Rufinus 2, 23. 
Ygl. Arnob. 6, 6, 1. 
2 ) Mit hoher Spitze darauf: runder Turm in 
einem Gemälde MB. 12, 48; Sidon. carm. 18, 3. 
3 ) Perrot I Fig. 160—2. 
4 ) Rundbau abgeh. Campana, opere in 
plastica T. 97 und in einem Gemälde MB. 
11, 26; vgl. auch Schreiber, Reliefbilder 
T. 88; erwähnt in der Beschreibung eines 
Bades von Sidonius epist. 2, 2 (1). 
5 ) Pyram. Nr. 39 u. A.; Pyramide aus 
der 6. Dynastie, Monatsber. d. preuss. Akad. 
1881 S. 326. 
6 ) A. 9, 72; primitiv an einem Felsen 
grab von Yeji: Dennis I 3 S. 9. 
7 ) Oder ein Inselstein (AZ. 41 T. 16, 
24)? In der Litteratur II. ’<P 712 f. (ßlag äv£- 
[i(x)v aheeivtov); ebenso Haus des Odysseus 
(K. Lange, Haus u. Halle S. 49). 
8 ) Coste-Flandin , mon. de Nin. u. A.; 
bithynisches Haus; Hausurnen Italiens; vgl. 
II. ^ 712; M. II T. 45; Prokesch, Erinne 
rungen 2, 21. 
9 ) Z. B. am Chunsutempel in Theben. 
10 ) Wie in Denderah und Axum, nach 
Alvabez, s. Heeren, Ideen II 1, 476. 
n ) Aeopro/dafxara Ariston im Gnomol. 
Yatic. 122; Löwe darauf liegend, in Pompeji. 
Aus gleicher Form in Samothrake und Trysa: 
Benndorf, Heroon S. 38 m. Abb. 
12 ) Plin. 35, 152. — S. auch Guattani, 
mon. ined. 1805 T. 23, 3.
	        
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