Volltext: Archäologie der Kunst [6, Hauptbd.] (Hauptb. / 1895)

Kap. VIII. Die Baukunst nach Material und Technik. (§ 268.) 325 
tung wird vielfach von der Strassenseite aus der Thüre überlassen oder 
doch mit dieser in äussere Beziehung gesetzt; allein man kann nicht sagen, 
dass der antiken Fa<jade die Fenster fehlen. Am griechischen Wohnhaus 
gehen vom oberen Stock nach der Seitengasse hinaus Fenster. Allerdings 
gewinnen die Fenster (<panayaiyof, fenestrae)’) erst an den Langseiten der 
Basiliken den Charakter der Regelmässigkeit und dadurch bedeutenden Einfluss 
auf die Erscheinung des Baues. * 2 ) Da die Holzläden der Bauernhäuser zu schönen 
Bauten nicht passten, liess man die Fpnster, wo es das Klima gestattete, offen ; 
wo jedoch der Winter empfindlich Var, schützten Glasscheiben (nicht rein 
weisse, versteht sich, sondern vielleicht nicht selten farbige, wenn auch 
die Glasmalerei noch lange nicht erfunden war) oder Vorhänge. Am „do 
rischen“ Bau wurden die Fenster durch Steinplatten (die Metopen, S. 318) 
völlig geschlossen, was in der Kaiserzeit wieder aufkam, nur dass man 
sie gitterartig durchbrach. 3 ) Wir behandeln zunächst die unentbehrlichen 
Bestandteile der Facjade. 
Litteratur: Fa9adenbau: H. Issel u. J. Krusewitz, der Fa^adenbau d. klassischen 
Altertums, Lpg. 1884 ff. 
Um von oben zu beginnen, so gibt das Dach sofort die Entscheidung 
über die geometrische Grundform der Fa9ade. In den Ländern, deren Be 
wohner mit dem Holze haushalten müssen, wird einfach über das Decken 
gebälk Lehm gebreitet und festgestampft, 4 ) so dass ein flaches Dach ent 
steht. Das flache Dach (Altandach) wiegt in Ägypten vor und hat sich 
im Privatbau weit (über Susiana, Palästina u. s. w.) 5 ) verbreitet, weil man 
es in den Abenden und Nächten des Sommers als luftige Altane benützen 
konnte; babylonische Könige 6 ) und römische Grosse verschönerten sich 
diesen Aufenthaltsort durch einen Sommergarten. Der Rand dieses flachen 
Daches erhält ein Gesimse, welches in Ägypten aus der flachen Platte und 
einer Kehlung (der „ägyptischen“ Hohlkehlung) besteht. 7 ) Königliche 
Gebäude (z. B. der Pavillon von Medinet-Habu) werden mit Zinnen ge 
schmückt wie die Stadtmauern. 8 ) Sodann nimmt die neueste Theorie 
flachgewölbte Lehmdächer an, wie sie die Framjoisvase 9 ) und Bilder 
ägyptischer Kapellen zeigen. Von den gewölbten Dächern haben wir 
bereits oben hinsichtlich des Gewölbebaus gesprochen. Schon das alte 
Babylon gewährte den charakteristischen Anblick vieler Kuppeln. In Rom 
und Konstantinopel müssen einst, als Kirchtürme und Minarets noch fehl 
ten, die majestätischen Kuppeln des Pantheon und der Sophienkirche wie 
mächtige Wahrzeichen hervorgeragt sein. Allein gar nicht zu reden von 
’) In alter Zeit klein: Sen. ep. 86, 8. 
2 ) Allerdings auch am Bühnengebände 
von Aspendos (Lanckoronski, T. 22); später 
in den Vergilminiaturen: Bartoli, p. 60. 65. 
111 (teils viereckig, teils oben abgerundet). 
3 ) Z. B. in S. Lorenzo fuori le mura zu 
Rom. 
4 ) Lehmdach in Athen: Vitr. 2, 1, 5; 
Lehm und Stroh in Massalia: Vitr. a. 0.; 
Ziegel mit Erde oder Gyps darüber: Plin. 
86, 186. 
5 ) Königsburg von Antiochien: Joseph, 
ant. 18,188; Haus der Kirke, s. Iwan Müller, 
Privataltert. § 22 A. 1. 
6 ) Inschrift im Literar. Centralblatt 1892 
Sp. 451 (aus dem 7. Jahrh.). 
7 ) Abb. Perrot hist. IF. 67. Vgl. S. 818 ff. 
8 ) Vgl. Plutarch. mul. virt. p. 260 e. 
9 ) Wiener Vorlegebl. 1888 T. 2; vgl. 
Dörpfeld, Berl. Philol. Wochenschr. 1885 
S. 888 ff.; wahrscheinlich bei Hesiod Theog. 
778 vorauszusetzen; vgl. die Aufsätze auf 
phrygischen Bauten (neben dem Midasgrab: 
Ath. Mitt. 14 T. 6; Jhst. 10, 178 m. Abb.). 
Auch der lateinische Name testudo passt 
dazu; vgl. Varro 1.1. 5, 161.
	        
Waiting...

Nutzerhinweis

Sehr geehrte Benutzerin, sehr geehrter Benutzer,

aufgrund der aktuellen Entwicklungen in der Webtechnologie, die im Goobi viewer verwendet wird, unterstützt die Software den von Ihnen verwendeten Browser nicht mehr.

Bitte benutzen Sie einen der folgenden Browser, um diese Seite korrekt darstellen zu können.

Vielen Dank für Ihr Verständnis.