Volltext: Archäologie der Kunst [6, Hauptbd.] (Hauptb. / 1895)

Kap. VIII. Die Baukunst nach Material und Technik. (§ 267.) 
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halten, zur melonenartig gerippten Halbkugel vorzuschreiten. l ) Der Unter 
bau des Gewölbes, welcher noch in der vertikalen Mauerlinie liegt, bedarf 
sorgfältiger Stützung und ist dadurch auch mannigfachem Schmucke er 
öffnet: Säulen werden als Träger eingeschoben, z. B. dorische Säulen im 
sog. Formianum Ciceros. 2 ) Die Archivolten erhalten eine schöne Form; 3 ) 
wenn scheinbare Säulen das Gewölbe tragen, schiebt sich zwischen jene 
und die Archivolte ein Gebälkstück. 4 ) 
Litteratur: Rud. Rahn, über d,en Ursprung u. die Entwicklung des christlichen 
Central- u. Kuppelbaues, Lpg. 1866. 
267. Dem vertikalen Gewölbe entspricht in horizontaler Richtung der 
Rundbau (Rotunde), welcher ebenfalls der Natur des Steines widerstrebt, 
aber ihm aufgenötigt wurde, wenn man die traditionelle Form der alten 
einfachen Hütten beibehalten wollte. An diese Tradition knüpfen die 
durch Überkragung hergestellten „Bienenkörbe“ der mykenischen Zeit 
(S. 321) und mehrere etruskische Gräber an, 5 ) dann die vorschriftsmässigen 
Heiligtümer der Vesta 6 ) und mehrerer anderer Götter, 7 ) wie auch der älteste 
Tempel des Augustus, den wir durch Münzen kennen, 8 ) und das von 
Agrippa erbaute Pantheon, dessen neueste Durchforschung allerdings die 
Einzelheiten der Anlage in ganz anderem Lichte erscheinen lässt. Mehrere 
Gebäude, deren Zweck nicht durchgängig fest steht (der sog. Sibyllen 
tempel in Tivoli und die Vorgänger von S. Maria del Sole und St. Stefano 
rotondo 9 ) in Rom, ungerechnet die auf Münzen abgebildeten) 10 ) schliessen 
sich an diese Gruppe an. Die höchste Leistung stellt aber der hadrianische 
Umbau des Pantheon dar, wobei das Emplekton zur Anwendung kam. 11 ) 
Übrigens kennzeichnet die runde Form keineswegs den heidnischen Ur 
sprung eines Baues, denn sehr alten Kirchen in Antiochien und Thessa- 
lonike (hl. Georg) 12 ) kam sie ebenfalls zu. Der zweiten Gruppe von Rund 
bauten werden wir den Namen Tholos beilegen, den schon die Odyssee 
für einen Rundbau mit einem Kreise von Säulen kennt. Viele griechische 
Städte besassen einen solchen Bau, dessen Verwendung sehr verschieden 
war. 13 ) Wir kennen jetzt die Einrichtung durch den Tholos, welchen der 
\) Exedra im Canopus der Hadrians 
villa: Durm II S. 198. — Villa der Gordiane 
(Torre degli Schiavi): Canina, gli edif. di 
Roma ant., VI T. 107; Kirche der hl. Sergios 
und Bakchos in Konstantinopel (bald nach 
527 erbaut, sechzehnteilig). 
2 bAlmanach aus Rom 1, 84 ff. m. T. 
3 ) Vogüe, temple p. 49 m. Abb. 
4 ) In den Thermen Diokletians und Con- 
stantins Basilika — trapezförmiges Zwischen 
stück in den Arkaden der Basiliken von 
Ravenna — Klostergewölbe auf Freistützen, 
schon in S. Lorenzo zu Mailand. 
5 ) In Orvieto A. 1881 p. 55; mehrere 
Kammern bei der Kirche S. Alessandro in 
Fiesoie: Inghirami, guida di Fies. p. 40; del 
Rosso, Giorn. Arcad. III p. 118. 
6 ) Auf Goldmünzen Vespasians abge 
bildet; vgl. auch Helbig, Italiker S. 52 A. 5. 
7 ) Verg. Aen. 9,408 (Diana); Ps. Serv. 
Verg. Aen. 9, 406 (Merkur und Hercules); 
Henzen, acta fr. Arv. p. XXII (Dea Dia): 
M. ed A. 1854 S. 28 ff. (Hercules auf dem 
Forum Boarium). 
8 ) Cohen, monn. de l’emp. I T. 4, 278; 
Donaldson, archit. num. Nr. 14. 
9 ) Plan bei Lanciani, itinerario di Ein 
siedeln p. 508 ff. T. 2, 8 = Hülsen, Röm. 
Mitteil. 7, 298. 
10 ) Z. B. in Korinth unter den Antoninen 
und später Brit. Mus. T. 20, 14. 22. 22, 12; 
Numism. comm. on Paus. p. 11 T. B 11—18; 
Aigosthena unter Geta 1866, 886; Marneion 
in Gaza: Stark, Gaza S. 599 f.; MB. 11, 86. 
11 ) Lanciani, Not. d. scavi 1881 S. 265 ff. 
1882 p. 845 u. Bull. com. 1892, 150 ff.; Eug. 
Güillaume, Revue d. deux mondes 1892, 
1. Aug.; Michaelis, Preussische Jahrbücher 
71, 208 ff; AA. 1898 S. 126 ff. 
12 ) Texjer, archit. byz. p. 143 ff. T. 28 — 
34. — Gemme aus Constantine, Ga. 6, 92 abgeb. 
13 ) Rundbau in Athen Paus. 1, 5, 1; in 
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