Volltext: Archäologie der Kunst [6, Hauptbd.] (Hauptb. / 1895)

Kap. VIII. Die Baukunst nach Material und Technik. (§ 266.) 
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Litteratur: über den Bogen bei den Griechen Mure A. 10, 131 ff. T. H u. M. II 57; 
C. Heideloff, die Bauhütte des Mittelalters u. der Spitzbogen in der Architektur der Alten, 
Nürnberg 1844, m. 2 T. 
266. Gleich dem Bogen ist das Gewölbe sowohl für den Innenbau 
wie für den Aussenbau gleich bedeutungsvoll. Der Mangel an Bauholz 
und Hausteinen führte die Erfindungsgabe auf diese schwierige Bauart, 
welche mithin ein natürliches Ergebnis der babylonischen Verhältnisse ist. 1 ) 
Der Gewölbebau hängt überhaupt mit dem Ziegel- und Mörtelbau zusammen; 
auch auf Thera war er durch dip Puzzolanerde nahe gelegt. Das Gewölbe 
empfahl sich für Vorratsräume und Keller, weil es einen starken Druck 
aushielt und gegen Feuer, angeblich sogar gegen Blitze schützte. 2 ) Wir 
haben hier nur mit der Kunstform des Gewölbes zu thun, die durch die 
Technik bedingt ist. Die einfachste Stufe (falsches Gewölbe) entsteht nach 
Art des primitiven Steinbogens durch Überkragung. Diese weist Babylonien 
in einer Grabkammer von Mugheir 3 ) und ebenso Ägypten in der Haupt- 
gallerie der grossen Pyramide auf. Von beiden Ländern gelangte die Kunst 
schon in der mykenischen Periode zu den Bewohnern Griechenlands, welche 
die bienenkorbförmigen „Kuppelgräber“ (neugriech. ßleaiöta, Bienenkörbe) 
und die „Gallerien“ der Mauern von Tiryns erbauten. 4 ) Die falschen Ge 
wölbe aus unregelmässigen Steinen finden sich noch weiter westlich auf 
Sardinien (Nurhagen), Pantelleria (Sesia) und auf den Balearen (Tcilayot), 
sowie in Etrurien (Tomba Regulini-Galassi bei Cortona). 5 ) Der Eingang zu 
einem Grabe von Spata ist fast dreieckig 6 ) und so kennen auch die Assyrier 
den fortgesetzten Spitzbogen in Kanälen. Beim Gewölbe kam es wie 
derum darauf an, den rechten Abschluss oben zu finden. Diese Stufe 
(Überkragung mit Keilsteinen geschlossen) veranschaulichen Grabbauten 
von Orvieto. 7 ) Die verschiedenen weiteren Übergangsstadien sind schwer 
festzustellen; denn Geschicklichkeit und Mut, die der Gewölbebau erfordert, 
sind ungleich verteilt. 8 ) Die Verbreitung des Gewölbes korrespondiert 
genau mit dem Bogen. Gewölbte Räume finden sich daher wieder in 
Akarnanien 9 ) und Etrurien. 10 ) Gewölbte Gänge, teils über teils unter dem 
Boden, zu welchen die berühmte Cloaca maxima in Rom gehört, 11 ) und 
ebensolche Brücken sind häufiger. 12 ) Die gewölbten Gallerien empfangen ihr 
Constant. Porphyrog. de caerim. p. 581 f. 
Bonn. 
’) Strabon 16, 1, 5, womit die jetzigen 
Verhältnisse der Kampagna zu vergleichen 
sind; babylonisch heisst die Kuppel hdbi 
(hebräisch u. arabisch gubbdh). Abgebildet 
Layard II 17. Auch Alexandrien hatte nur 
Gewölbe (Bell. Alex. 1). 
2 ) Sueton. Aug. 90. 
3 ) J. of the r. asiat. soc. 15, 273; Perrot 
hist. II p. 232. 
4 ) Dazu kommt der Eingang der Pyra 
mide am Erasinos. 
5 ) Auch Melone bei Camuscia (Cortona), 
Abb. bei Durm II 27. 
6 ) Phot, des'Inst., Attika 20*. 
7 ) Abb. bei Durm II 29. 
8 ) Sachte Wölbung des Erdgeschosses 
Handbuch der klass. Altertumswissenschaft. VI. 
im Thurm von Andros (Abb. bei Ross, Inselr. 
2, 12). Die Alten haben die älteste Erwäh 
nung in einer demokritischen Schrift ge 
funden (vgl. Sen. ep. 90). 
9 ) Oberhummer, Phönizier in Akarnanien 
S. 73 ff. 
30 ) Tanella di Pitagora zu Cortona aus 
5 keilförmig geschnittenen innen ausgerun 
deten Blöcken: Dennis p. 658; Durm II 29; 
Tempio di S. Manno bei Perugia: Dennis II 
3 450 f.; Durm II 31; Deposito del Granduca 
bei Chiusi: Durm II 30. 
11 ) Unterbau des Olympieions in Athen, 
einer Mauer auf Samos (Ross, Inselr. II146); 
Theater von Sikyon; Olympia: Ausgrab. V 
35; unter dem Scenengebäude von Eretria, 
Phot, des Inst. 3. — Von Ziegeln im Toten 
tempel Ramses’ II. 
12 ) Das Bulicame bei Viterbo: Durm II 
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