Volltext: Archäologie der Kunst [6, Hauptbd.] (Hauptb. / 1895)

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Klassische Kunstarchäologie. Einleitung. 
keit des Zeichners bedingten. Barockkünstler wie Sandrart bildeten die 
Figuren nach dem Geschmacke ihrer Zeit um und setzten sie in eine ma 
lerische Umgebung. Die Zeichnung hat allerdings den Vorteil, dass man 
das Charakteristische, namentlich die Umrisse betonen, das Zufällige weg 
lassen und etwaige Ergänzungen angeben kann; eine gewisse mechanische 
Genauigkeit ist auch schon mittelst der camera obscura erzielt worden. 
Zur Vervielfältigung der archäologischen Zeichnung war bis in unser Jahr 
hundert herein der Kupferstich allgemein üblich. Marcantonio Raimondi 
aus Bologna (um 1475—1534), gewöhnlich Marcanton genannt, begrün 
dete, wahrscheinlich von Raphael angeregt, den Antikenstich, der zunächst 
in seiner Schule und der von Fontainebleau (von Fantuzzi und Genossen) 
gepflegt wurde. Im siebzehnten Jahrhundert verfiel derselbe, wie gesagt, 
der Zeitmanier. Montfaucon und der sachverständige Graf Caylus haben 
ihn wieder gehoben. Vor den ausgeführten Kupferstichen (gravures ter- 
minees) verdienen die blossen Umrisse, Konturstiche (gravures au trait) fast 
den Vorzug; Abdrücke „im Gegensinn“ waren nicht unerhört, wodurch 
Lessing zu dem bekannten Missgriff mit dem „Fechter“ verleitet wurde. 
Die moderne Vervielfältigung hängt von der Photographie ab; 
denn diese stellt die Erscheinung getreu und nicht verschönert dar. Mit 
farbenempfindlicher Platte aufgenommen, kann sie sogar erloschene Farben 
zeigen. Nichtsdestoweniger hat sie auch ihre Nachteile; die Lichtreflexe 
können allerdings durch die Erkenntnis des richtigen Beleuchtungswinkeis 
vermindert werden, die Photographie gibt aber nur zu getreu allen Schmutz, 
der sich im Laufe der Zeit angehängt hat, und die unbedeutendste Be 
schädigung wieder. Hervorstehende Teile werden vergrössert (z. B. die 
vorgestreckte Hand des Ärrmgatore). 1 ) Das Plastische erfährt ungenügende 
Wiedergabe, um von der Farbe gar nicht zu reden. Ganz unzulänglich 
ist die Photographie für Vasenbilder; manchmal muss der Photograph nach 
träglich die Platte überarbeiten; isochromatische Platten sind jedenfalls 
empfehlenswert. 
Während die Verbreitung der Originalphotographien nur mangelhaft 
vor sich geht, besorgen die für den Druck notwendige Vervielfältigung 
die photographischen Verfahren, und zwar Flachdruck (Photolitho 
graphie, Photozinkographie, Lichtdruck), Hochdruck (Heliotypie, Photo- 
typie, Zinkotypie, Autotypie etc.) und Tiefdruck (Heliogravüre, 
helioglyptique, Heliographie, photogravure und photographischer Kupfer 
druck). Die letztgenannte Klasse macht allein einen künstlerischen Ein 
druck, ist aber wegen Unklarheit der Linien für Lehrzwecke weniger ge 
eignet. Die Photographie kann auch zur Aufnahme architektonischer Pläne 
benützt werden 2 ) mittelst des photographischen Theodoliten (Photogram 
metrie). 3 ) 
Über Marcanton und seine Schule: Adam Bartsch, le peintre graveur, Bd. XIV; 
Henry Thode, die Antiken in den Stichen Marcantons, Agostino Yenezianos und Marco 
Dente’s, Lpzg. 1881; Schule von Fontainebleau: Bartsch a. 0. Bd. XV S. 299 ff.; 
Doch soll diesem Fehler durch die 
Naturalphotographie von Eugen Hackh in 
Stuttgart abg'eholfen sein. 
2 ) Die Farben-Albertotypie ist in die 
Archäologie erst noch einzuführen. 
3 ) Z. B. in Stolze’s Persepolis.
	        
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