Volltext: Archäologie der Kunst [6, Hauptbd.] (Hauptb. / 1895)

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Klassische Kunstarchäologie. I. Denkmälerkunde. 
Sphinx von Gizeh, wo der Kunstbau nur an Nebenteilen sich bethätigte. 
Erratische Blöcke geben monolithe Kapellen oder Heroengräber ab. 1 ) 
256. An jenen architektonischen Felsarbeiten bemerkt der Beschauer 
öfters viereckige Löcher, in denen ehemals Balken staken; im ursprüng 
lichen Zustand nahm also der Herankommende auf den ersten Blick nur 
einen hölzernen Bau wahr. Überhaupt verbindet sich der Steinbau 
stets mit dem Holzbau, schon aus dem Grunde, weil manche Bauteile 
aus Stein nur schwer hergestellt werden können, Eisenkonstruktion aber 
der alten Architektur fremd ist. Dies trifft zu bei den Pfeilern und Säulen, 
bis der Brauch, Trommeln zu verbinden, durch drang; dass diese sogar in 
Tempeln und Palästen einst von Holz waren, beweisen teils schriftliche 
Zeugnisse teils negative Beobachtungen über das Fehlen von Steinsäulen 
(wie in kyprischen Tempeln 2 ) und im Palast von Tiryns) oder die auf 
fällige Ungleichheit der letzteren (wie im Heratempel zu Olympia, wo noch 
Pausanias einen Rest der alten Holzträger gesehen haben will); 3 ) in der 
Mitte dürften Holzsäulen mit Steinsockel gestanden sein. 4 ) Hölzerne Archi- 
trave waren in Grossgriechenland und anderswo üblich, daher dieser Bau 
teil in den Ruinen häufig fehlt. Ihnen entsprechen die Thürschwellen, 
weshalb Homer ausdrücklich die steinerne Schwelle von Delphi hervor 
hebt. 5 ) Die Dächer sind nicht selten mit Schindeln gedeckt. Aus Gründen 
der Statik bevorzugt man im oberen Stockwerk hölzerne Treppen. 6 ) Vor 
allem aber müssen Gebälk und Sparrenwerk von Holz sein. 7 ) So nimmt 
das Holz im Stein- und Ziegelbau eine ansehnliche Stelle ein und die Bau 
herrn legen auf schönes Bauholz grosses Gewicht. 8 ) Dass aber der 
grösste Teil des Stadthauses aus Holz besteht, ist altorientalische Sitte. 9 ) 
Eigenartig mutet die Verwendung des Holzes an den Befestigungsmauern 
an. Die Mauern aus Erde und Palissaden (in den Pfahlbauten von Gorzano 
und Castione) kennen wohl alle Völker, ausserdem haben manche auf Stein 
mauern hölzerne Brustwehren errichtet. 10 ) Offenbar haben aber viele alte 
Baumeister geglaubt, eine Steinmauer werde stärker, wenn Balken eingebaut 
seien; besonders bei den hohen Türmen ist das Holz ein wesentlicher Be 
standteil. 1 ] ) Kein Wunder, dass solche Befestigungen verbrennbar waren! 12 ) 
Je nach der Schichtung und Beschaffenheit der Steine sind dann diese ge 
mischten Mauern eingestürzt oder aber sozusagen zusammengebacken worden. 
Diese verglasten Steinmauern (verschlackte Wälle, forts vitrifies, pierres 
brulees, vitrifted forts oder sites) finden sich in Böhmen, Mitteldeutschland 
In Ägypten, Phönikien und bei Pho- 
kaia: Movoelov xai ßißl. II S. 99 T. aß'. 
2 ) Analog sind die kyprischen Kirchen 
gebaut. 
3 ) 5, 16, 1; ausserdem s. dens. 5, 20, 6; 
in Babylon Strab. 16, 1, 5. 
4 ) Wie jetzt in Adalia: Lanckorojnski, 
Städte Pamphyliens S. 31. 
5 ) Od. q 389 (anders V. 30) - II. I 404. 
Od. # 80. 
6 ) Eur. Phoen. 100. 
2 ) Vgl. z. B. Theophr. Pflanzengesch. 5, 
4, 7; Liv. 42, 3; Paus. 1,2, 1; Bellum Alex. 
13; Hesych. oxolnog. 
8 ) Athenisches Ehrendekret für Liefe 
rung von Cypressenholz Bch. 12, 155; via 
xal Ud-oig von einem Heiligtum auf Anaphe 
Collitz, Dialektinschr. 3430 Z. 9. 
9 ) Antiochien: Joseph, ant. 13, 139; von 
ägyptischer Manier spricht Strabo 16, 4, 3 
p. 768. 
30 ) In Moesien Zosim. 2, 21 (Jahr 322); 
ähnlich ägyptische Bauten: Lepsius II 20. 
n ) Od. i 185 f.; Plut. apophth. Lac. Ages. 
30; Arr. peripl. 9,4; in t Gallien Caes. b. Gr. 
7, 23. 
12 j Appian. Mithr. 30. 36. 74 u. A.
	        
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