Volltext: Archäologie der Kunst [6, Hauptbd.] (Hauptb. / 1895)

Kap. VIII. Die Baukunst nach Material und Technik. (§ 254.) 
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Von den unförmlichen Riesenblöcken der „kyklopischen“ Bauten ist be 
reits die Rede gewesen; doch auch Quadern von aussergewöhnlichem Um 
fang wurden hergestellt, so z. B. Riesenblöcke für Hafendämme 1 ) und 
Unterbauten (wir denken im besonderen an den Sonnentempel von Baal 
bek, der auf drei Riesensteinen ruht, wovon einer 18 Meter lang) 2 ) und 
Architrave imposanter Thore (der Propyläen und des arkadischen Thores 
von Messene.) Die Werkzeuge der Quaderarbeit, zweispitzigen Hammer 
und Winkelmass, zeigt das Votivbild eines Steinmetzen in der Nymphen 
grotte von Vari (Attika). 3 ) Da die Höhe und Dicke der Säulen eben 
falls im vornherein bestimmt war, stellten die Steinmetzen diese nicht 
minder her. In manchen Brüchen und Lagern sind solche rohe Säulen 
aus einem Stücke (Monolithe) zurückgeblieben; 4 ) denn geschickte Arbeiter 
verstanden sich auf Monolithe, nur waren die Transportschwierigkeiten so 
gross, dass man gerne davon absah. Immerhin gibt es sowohl ganze 
Säulen — die grösste dürfte die sog. Säule des Pompejus, dem Diokletian 
in Alexandrien errichtet, sein 5 ) — als auch Säulenschäfte (wie an der Stoa 
Hadrians) aus einem einzigen Stein, und dieses Verfahren war bei den 
harten vulkanischen Steinen zu empfehlen, dagegen zog man vor, aus dem 
leichter zu bearbeitenden Marmor die Säulen stückweise herzustellen. Diese 
Säulentrommeln wurden im Steinbruche rauh gearbeitet und in der Mitte 
bereits mit einer viereckigen Vertiefung, die den Dübel aufnehmen sollte, 
versehen. 6 ) Die Steinmetzen arbeiteten auch häufig schon die Sarkophage 
roh aus, ebenso die Grabsteine bis auf das Individuelle. 7 ) 
Der Transport der abbozzierten Steine geschah den Berg herab auf steilen 
Schleifwegen mit Tauen, welche zum Bremsen um starke Balken, die man 
seitwärts vom Wege in eingehauenen Vertiefungen aufgerichtet, geschlungen 
wurden; weiter unten führten Wägen und Maultiergespanne die Steine bis zum 
Bestimmungsorte, wenn derselbe nicht weit ablag, oder bis zum nächsten 
Hafen, von wo aus die Steine den Wasserweg nahmen. 8 ) Die Schiffahrt hat 
an der Verbreitung der edlen Gesteine den grössten Anteil, da schon in 
ältester Zeit der Nil und der Euphrat gute Dienste leisteten. War der Haupt 
absatzort zu Wasser erreichbar, so ergab sich für praktische Leute die 
Folgerung, dass, um den Wünschen des Publikums besser zu genügen, die 
Steinmetzwerkstätte am Landungsplatz zu errichten sei; dies wurde zu 
Rom in der noch heute davon genannten Marmor ata am Tiber ausgeführt. 9 ) 
*) Joseph, aut. 15, 334. 
2 ) Ähnliche Blöcke lagern noch im nahen 
Steinbruch. 
3 ) Phot, des Inst., Attika 25. Die eiser 
nen Spitzhämmer sollen vor der makedoni 
schen Zeit nicht Vorkommen: Schliemann, 
Orchomenos S. 14. 
4 ) Z. B. in Karystos (Ross, Königsr. 2, 
30); mit Handhaben znm Transport aus der 
Gegend von Miltenberg (München Nr. 793). 
5 ) Osann, Mem. 1, 329 ff. ; 
6 ) Einige sind am Pentelikon, bei Stura 
und Karystos zurückgeblieben; eigentümliche 
im Steinhruch von Selinunt: Schubring, Gott. 
Nachr. 1865 S. 429; Durm, Ztsch. f. bild. K. , 
1887 S. 88 f. 
7 ) Erstere im ägyptischen Steinbruch 
von Turra 1875 gefunden; Grabsteine in 
Oberösterreich: Mitt. der Centralkomm. 1889 
S. 227. 
8 ) In litterarischen Quellen finden sich 
die Wörter fo&ovhxoi, fadaycayoi; vgl. Paus. 
2, 25, 8. Die Schleifwege sieht man am 
Pentelikon und bei Stura, die Geleise eben 
dort und auf Skyros, einen Fahrweg zum 
Hafen in Levkas auf Paros. Entsprechende 
Scenen aus der Neuzeit bilden ab Wester 
manns Monatshefte 32, 178—88 und The 
Art Journal 1888 p. 358 - 60. 
9 ) Siehe darüber die Geschichte der Kaiser-
	        
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