Volltext: Archäologie der Kunst [6, Hauptbd.] (Hauptb. / 1895)

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Klassische Kunstarchäologie. I. Denkmälerkunde. 
nus, Chios und an anderen Orten. 1 ) Warum sollte da ein reicher Mann 
nicht z. B. seinen Wein in Marmor keltern? 2 ) 
254. Während der Bergbau auf Kunst und Industrie keinen unmittel 
baren Einfluss ausübt, beginnt die erste Zurichtung des Steines, wie sie 
der praktische oder künstlerische Zweck erfordert, bereits im Steinbruche. 
Auf die Brüche der gewöhnlichsten Bausteine, wo man oft kurzweg Stücke 
von der Oberfläche loshackte (z. B. zur Befestigung Tirynths), trifft dies 
freilich weniger zu. Die rationellen Steinbrüche haben entweder eine vor 
wiegend horizontale Richtung oder eine hauptsächlich vertikale. Bei jenen 
Hessen die vorsichtigen Arbeiter ab und zu natürliche Pfeiler zur Stütze 
stehen. 3 ) Anderswo schritt die Arbeit beim Gipfel des Berges nach unten 
vor, wobei man treppenartige Wände her stellte, 4 ) später aber, um die 
besseren Steinsorten zu gewinnen, je weiter unten desto tiefer in die Wand 
eindrang; die pentelischen Brüche des Brilettos zeigen dies sehr deutlich. 
Da die Bänke sehr ungleichartig zu sein pflegen, wurden bald da bald 
dort Schürfungen vorgenommen. Zum Brechen dienten benetzte Keile; 5 ) 
das Pulver ersetzten Sklavenarbeit und Geduld. Die „Captivi“ des Plautus 
(Y. 724 ff. 998 ff.) geben eine Ahnung von dem Jammerleben in den an 
tiken Steinbrüchen, aber selbst diese Vorhölle hatte ihr eigenartiges reli 
giöses Leben 6 ) und in manchen Gegenden einen eigenen Schutzpatron, den 
Hercules Saxanus. 7 ) Bei rechtem Betrieb wird von vornherein auf den 
Zweck des Blockes Rücksicht genommen; es bedarf nur einen Schritt weiter 
und es wird auch schon die Form roh skizziert. Dieses Verfahren war 
am leichtesten an Quadern durchzuführen. Die Lieferanten besorgten die 
Quadern serienweise fertiggestellt und versahen dieselben mit Zeichen 
(Versetzmarken), 8 ) nach welchen die Blöcke geschichtet wurden. Diese 
Zeichen, welche zumeist in Kombinationen von Linien bestehen und oft 
Buchstaben gleichen, kommen in Persien wie bei den Phönikern, bei Etrus 
kern, Griechen und Römern vor und es werden sich mit der Zeit ver 
schiedene Systeme unterscheiden lassen. In Sagalassos sind die Blöcke 
fortlaufend numeriert. 9 ) In byzantinischer Zeit bemerken wir griechische 
Buchstaben und Monogramme. 10 ) Diese unscheinbaren Zeichen darf die 
Archäologie nicht gering schätzen, da ihre Übereinstimmung wiederholt 
(z. B. in Trier) die Gleichzeitigkeit von Bauten nachweisen kann; nicht zu 
verwechseln sind aber damit die Steinmetzzeichen (Monogramme), wenn 
solche überhaupt existieren, 11 ) und die modernen Beduinenzeichen (wusm). 12 ) 
J ) Aevxöfo&og Le Bas, Asie min. n. 141. 
2 ) Auf Lesbos: Athen. Mitt. 13, 51. 
# . 3 ) Z. B. in Syrakus und bei Gau-el-Kebir 
in Ägypten (Ztsch. f. äg. Spr. 1882 S. 136). 
4 ) Zu Elkefr in Syrien: Sachau, Reise 
S. 91. 
5 ) Plin. n. h. 36, 14. 
6 ) Z. B. in Nubien CIG. 5933; auf Syra 
Ixscpavog (S. 113) p. 70—92. 
7 ) Roscher’s Lexikon I Sp. 3014 ff. 
8 ) Der Name „Steinmetzzeichen“ ist 
nicht zu empfehlen, weil er in der Kunst 
geschichte die geheimen Zeichen der Bau 
hütten bedeutet. 
9 ) Monatsber. der preuss. Akad. 1879 
S. 310; an der Basis der Nike von Samo- 
thrake: Untersuch, auf Sam. 2, 55,1. 
10 ) Abb. Ra. n. s. 31, 244 ff. 356 ff. 
11 ) Vielleicht H an einem Grabsteine in 
Verona: Dütschke, Bildwerke IV S. 248. 
Über die wirklichen Steinmetzzeichen han 
delt Rziiia, Studien über Steinmetzzeichen, 
her. v. d. k. k. Centralkomm. m. 69 T. 
12 ) Sachau, Reise in Syrien S. 43. 52; 
Verh. der Berl. anthrop. Ges. 1877 S. 14 f.
	        
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