Volltext: Archäologie der Kunst [6, Hauptbd.] (Hauptb. / 1895)

Kap. VIII. Die Baukunst nach Material und Technik. (§ 253.) 
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die jedoch nur zu Bruchsteinwerk zu benützen waren. ! ) Das Gebiet Kar 
thagos besitzt den sauän. Die ordinären Steine lassen sich aus national 
ökonomischen Gründen nur in beschränkter Entfernung von ihrem Bruche 
verwenden; wenn freilich Steinmetze in ferne Länder kommen, befördern 
sie auch den Import der ihnen vertrauten Gesteine, wie sich z. B. in den 
Grenzprovinzen des römischen Reiches zeigt. Die Italer hatten nun ein 
mal ein Vorurteil für die Steine ihrer Heimat. Vom archäologischen Stand 
punkt kommt diesen Steinarten geringe Bedeutung zu; denn sie werden 
gewöhnlich nicht kunstmässig bearbeitet, sondern, im Fall die Aussenseite 
schön erscheinen soll, mit Stuck und Farbe überzogen. Beide sind aller 
dings jetzt zum grössten Teil verschwunden und nur der rauhe oberfläch 
lich bearbeitete Grund geblieben. 
Die Gattung der harten Steine hat einen praktischen Vorzug in 
ihrer Widerstandskraft, weshalb sie in dieser Hinsicht sozusagen das ideale 
Baumaterial ist; sie liefert ausser Mühlen, Stösseln und anderen kleineren 
Gegenständen (S. 191) das Pflaster. * 2 ) Da das Gefühl der Sicherheit auch 
auf den Beschauer einen gewissen angenehmen Eindruck macht, üben die 
harten Steine eine Art von ästhetischer Wirkung aus, wodurch sie sich 
zu Säulen und Trägern vortrefflich qualifizieren. Da sie überdies poliert 
werden können, zieren sie sogar in ihrer Weise. 3 ) Ins einzelne kann ihre 
Bearbeitung freilich nicht gehen; denn die Steine sind so dicht, dass ihre 
Oberfläche vielleicht zuerst mit Holzhämmern mürbe gequetscht wurde. 4 ) 
Daher fällt die stärkere Anwendung der vulkanischen Gesteine stets mit 
mächtigen Despotien wie in Ägypten und Babylonien zusammen. Blicken 
wir dagegen auf die klassischen Länder, so haben die Granitgesteine nur 
für das westliche Kleinasien und die Inseln des ägäischen Meeres grössere 
Bedeutung, weil das Sipylosgebirge mit seinen Verzweigungen, der Hügel 
von Assos und viele Inseln dieselben liefern; nur hier treten Granitsäulen, 
nächstdem auch granitne Mauern und Sarkophage in Masse auf. Der Tempel 
von Ephesos z. B. hatte Riesensäulen aus einem Stück 5 ) und für Delos 
war der Granit der lokale Baustein. In den gleichen Gegenden findet sich 
der schwärzliche oder schwarzbraune Trachyt, aus dem der Tempel von 
Assos besteht. Aber beide Arten kommen im eigentlichen Griechenland 
nur ganz vereinzelt und zwar hauptsächlich auf der Halbinsel Methana 
vor. Ungleich wichtiger sind die vulkanischen Steine für Italien. Die 
eigentliche Lava beschränkt sich freilich auf die Gegend des Vesuv; 6 ) den 
rötlichen oder gelblichen vulkanischen Tuff 7 ) können wir seiner Mürbigkeit 
wegen zur ersten Klasse rechnen. Dagegen hat Südetrurien den harten 
schwarzgrauen Nenfro und Latium den harten Peperino vom gabinischen 
See (Lapis Gabinus, it. sperone), aus welchem der Bogen der Cloaca maxima 
erbaut ist; 8 ) doch gibt es auch einen Peperino tenero aus dem Albaner 
gebirge (lapis Albanus), den der Scipionensarkophag veranschaulicht. 9 ) 
9 Nissen, pompej. Studien S. 9 f. 
2 ) Nissen a. 0. S. 5 ff. 
3 ) Nur ausnahmsweise werden die harten 
Steine angestrichen (z. B. der granitne Obe 
lisk der Hatasu in Theben). 
9 Anthrop. Corresp. 1875 S. 1. 
5 ) Prokesch, Denkwürd. 2, 101. 116. 
6 ) Nissen, pompej. Studien S. 5 ff, 
7 ) Nissen a. 0. S. 14 ff. 
8 ) Vgl. Tacit. A. 15, 43. 
9 Vgl. Vitr. 2, 7. 
Handbuch der klass. Altertumswissenschaft. YI, 
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